Bildungspolitik

Gute Bildung prägt die Lebens- und Berufsperspektiven der Menschen. Dazu braucht es ein modernes und zukunftsfestes Bildungssystem von der Kindertagesstätte bis zur Weiterbildung, das Chancengleichheit garantiert, leistungsfähig ist und allen Menschen Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht.

Die duale Ausbildung ist ein Fundament unseres wirtschaftlich erfolgreichen Rheinland-Pfalz. Sie ist ein Erfolgsmodell und hat in ganz Europa Vorbildfunktion. Sie ermöglicht sogar Menschen ohne Schulabschluss einen guten Einstieg in den Beruf. Jugendliche haben während der Ausbildung die Möglichkeit Schulabschlüsse nachzuholen. Wer eine Berufsausbildung erfolgreich beendet, erhält z.B. automatisch mit dem Abschluss der Ausbildung auch die Berufsreife (also den früheren Hauptschulabschluss). Allerdings ist die Zahl der jungen Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss auch in Rheinland-Pfalz mit ca. 85.000 erschreckend hoch. Zu wenige Bewerber:innen beginnen eine duale Ausbildung, zu viele landen in Warteschleifen und müssen sich mit oftmals schlechten Alternativen zufrieden geben. Zu wenige Unternehmen in Rheinland-Pfalz bilden aus. Durch die Corona-Krise hat sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt verschlechtert.

Es bedarf einer deutlichen Erhöhung der Investitionen in das Bildungswesen. Der bauliche Zustand, die Ausstattung und Technik müssen vielerorts dringend modernisiert werden. Gute Bildung und Betreuung setzen entsprechende Räumlichkeiten voraus. Zur Fachkräftesicherung im ländlichen Raum, aber auch in den Städten, braucht es auch dort Kitas (ab 1) und Schulen von guter Qualität und Ausstattung. Die Personalsituation an Bildungs- und Betreuungseinrichtungen muss verbessert werden, um die Unterrichtsversorgung und eine gute Förderung aller Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Wir fordern eine leistungsgerechte Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern sowie eine Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation, die der Arbeit und Verantwortung in den Kindertagesstätten endlich gerecht wird. 

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung der Schulen beschleunigt. Es ist beeindruckend, wie Lehrkräfte – trotz fehlender digitaler Infrastruktur – die Corona-Krise meistern. Für eine bessere Digitalisierung in den Schulen braucht Rheinland-Pfalz eine Ausweitung der Lernmittelfreiheit auf digitale Endgeräte, inklusive datenschutzkonformer Software für Konferenzen sowie personelle und technische Unterstützung. Im Allgemeinen braucht es mehr Einstellungen von Lehrkräften. Wir fordern eine einheitliche Besoldung der Lehrkräfte in A 13. 

Die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen mit schlechteren Startchancen aufgrund von Migrationshintergrund, Behinderung oder sozialem Status müssen durch inklusive Bildung in allen Bildungseinrichtungen verbessert wer-den. Diese Öffnung des Bildungswesens, die eine individuelle Förderung voraus-setzt und eine zukünftige selbstständige Lebensführung der Betroffenen zum Ziel hat, kann nur durch eine bessere Ausstattung mit qualifiziertem Fachpersonal, vor allem in Regionen mit hohem Anteil an Migrantinnen und Migranten sowie Menschen mit sozialer Benachteiligung, erreicht werden. Wir stehen für eine hochwertige, kostenfreie Schul- und Kitaverpflegung für alle ein, um auch sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen eine frische, gesunde und regionale Ernährung zu ermöglichen. 

Die Möglichkeiten des Erlernens der deutschen Sprache müssen im gesamten Bildungssystem von der frühkindlichen bis zur beruflichen Bildung massiv aus-geweitet werden. Hierzu ist entsprechend qualifiziertes Personal einzustellen und vorhandenes Personal fortzubilden. Denn die Sprache ist der Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und berufliche Chancen.

Unsere Ansprechpartner:innen

Julia Kaffai

Berufliche Bildung

ABC der Fachkräftesicherung

Fast jeden Tag hören wir, dass keine Fachkräfte mehr zu finden sind. Und es stimmt: Es gibt Branchen, in denen Fachkräfteengpässe bestehen. In der Pflege, in der Gastronomie, im Bildungsbereich, im Handwerk, bei der Polizei und auch in einzelnen Zweigen der Industrie und des Öffentlichen Dienstes.

Gleichzeitig gibt es in Rheinland-Pfalz weitaus mehr Menschen, die keine Arbeit haben oder gerne mehr arbeiten würden als offene Stellen. Wie passt das zusammen?

Für uns als Gewerkschaften ist klar:

  1. Fachkräfte fallen nicht vom Himmel- sie werden ausgebildet. Jedes Jahr wird die Hälfte der Bewerber*innen bei der Bundesagentur für Arbeit nicht in Ausbildung vermittelt. Gründe hierfür sind sogenannte Passungsprobleme- entweder weil der gesuchte nicht zum angebotenen Beruf passt oder weil die Jugendlichen aufgrund bestimmter Merkmale von den Betrieben nicht eingestellt werden. Immer mehr Betriebe realisieren mittlerweile, dass sie sich auch für diese Jugendlichen öffnen müssen, wenn Sie morgen Fachkräfte haben wollen.
  2. Die Attraktivität eines Berufs hat immer auch mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Neben dem Lohn sind es vor allem die Arbeitszeit und ihre Planbarkeit, die psychische und physische Arbeitsbelastung und die Vereinbarkeit mit Familie und Privatem, die darüber entscheiden, ob ein Beruf attraktiv ist. Und gerade die Branchen, deren Vertreter*innen heute über Fachkräfteengpässe klagen, sind die, die für weniger attraktive Arbeitsbedingungen bekannt sind. Zu oft gibt es genau dort auch keine Tarifverträge, mit denen wir Gewerkschaften die Arbeitsbedingungen attraktiver gestalten können!

Mit dem nachfolgenden ABC der Fachkräftesicherung wollen wir aufzeigen, was alles dazu gehört, wenn Gewerkschaften über Fachkräftesicherung, und damit über Aus- und Weiterbildung, attraktive Arbeitsbedingungen und Zukunftsperspektiven für Beschäftigte sprechen – und was Gewerkschaften alles mit Tarifverträgen und starker Mitbestimmung gestalten, von A wie alternsgerechtes Arbeiten bis Z wie Zukunftsfonds für Ausbildung!

Ziel dieser Seite ist es den handelnden Akteur*innen deutlich zu machen, dass auf unterschiedlichsten Ebenen Handlungsbedarf besteht. Klar ist, dass Betriebe jetzt und in Zukunft mehr investieren müssen, um Fachkräfte zu gewinnen. Welche konkreten Gestaltungsmöglichkeiten es für Betriebsräte und Politik gibt, findet ihr unter den jeweiligen Stichworten.

Zu den einzelnen Begriffen haben wir die verschiedensten Expertinnen aus dem DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, aus unserer Technologie-Beratungsstelle für Betriebsräte TBS gGmbH Rheinland-Pfalz und von der Beratungs- und Bildungsgesellschaft für Arbeitnehmende Arbeit und Leben gGmbH Rheinland-Pfalz/Saarland um Beiträge gebeten. Das Ergebnis findet ihr nun hier auf dieser Homepage

Mit dieser Seite stellen wir eine Plattform dar, die sich stetig entwickelt und sich der politischen Aktualität anpasst. Sie wird stetig weiter wachsen und sich ggf. auch verändern.

Das Fachkräfte ABC des DGB Rheinland-Pfalz / Saarland

Alphabetisierung und Grundbildung

Wir alle haben das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe und Selbstbestimmung in unserer Gesellschaft!

Das ist nicht nur eine schönklingende Floskel. Es ist unser gutes und unantastbares Recht, das schwarz auf weiß in unserem Grundgesetz verankert ist.

Um selbstbestimmt an unserer Gesellschaft und auch am Arbeitsleben teilhaben zu können, brauchen wir einige Fähigkeiten, die unter den Begriffen „Grundbildung“ oder „Grundkompetenzen“ zusammengefasst werden.

 

1. Lesen und Schreiben (Literale Grundbildung)

Wir müssen zum Beispiel Lesen und Schreiben können, um selbstständig Dokumente auszufüllen und um uns unabhängig Zugang zu wichtigen Informationen zu verschaffen. Dies können Informationen zu aktuellen Ereignissen oder politischen Debatten sein, aber auch ganz praktisch Informationen für unser Alltagsleben: Welche Informationen stehen in dem Elternbrief zu meinem Kind? Welche Jobangebote oder Weiterbildungen werden auf dieser Homepage vorgestellt? Was genau steht jetzt in der Infobroschüre zu meiner Krankheit?

2. Mathematische Grundbildung

Neben dem Lesen und Schreiben brauchen wir aber auch mathematische Grundkenntnisse wie die Grundrechenarten oder Dreisatzrechnen, um im Alltagsleben zurecht zu kommen. Im Berufsleben kommen je nach Beruf weitere mathematische Fähigkeiten hinzu. Dachdecker*innen berechnen zum Beispiel Dachflächen, Bankkaufleute sind ebenfalls den ganzen Tag von Zahlen umgeben. Allgemein ist es wichtig, ganz banal gesagt, „etwas mit Zahlen anfangen zu können“. Wenn ich beispielsweise einen wichtigen Text lesen muss, in dem sich viele Zahlen befinden, so muss ich diese Zahlen zumindest grob einordnen können, um auch den ganzen Text zu verstehen.  

 

3. Digitale Grundbildung

Außerdem brauchen wir immer mehr auch digitale Grundkenntnisse, um an der Gesellschaft teilzuhaben. Egal, ob es um Steuern geht oder um das Buchen von Arztterminen – immer mehr Vorgänge finden digital statt. Das gilt auch für die Arbeitswelt, sei es in der Pflege bei der digitalen Pflegedokumentation oder in der Logistik bei der Inventur auf dem Tablet. Daher sollten wir gut mit digitalen Geräten umgehen können.  

 

4. Gesundheitliche Grundbildung

Letzten Endes brauchen wir auch gesundheitliche Grundkenntnisse, um möglichst lange gesund zu bleiben und damit unsere Lebensdauer und Lebensqualität zu erhöhen. Dazu gehören das Wissen um richtiges Heben oder Stressbewältigung, aber auch die Fähigkeit, Informationen zur eigenen Gesundheit richtig einzuordnen und anzuwenden.

Wir sehen: Fehlen uns Grundkompetenzen, kann uns eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft verwehrt bleiben. Wir können Dinge nicht selbst erledigen oder sind dabei auf Unterstützung angewiesen. Wir erhalten Infos entweder gar nicht oder sind abhängig von dem, was andere uns sagen. Fehlende Grundkompetenzen können zu einer gewissen Abhängigkeit und Machtlosigkeit führen. Soweit zur Theorie. Schauen wir nun auf die Praxis.

 

Fehlende Grundkenntnisse sind kein Randgruppenphänomen!

6,2 Millionen Menschen in Deutschland können nicht ausreichend lesen und schreiben. 62,7 % von ihnen sind erwerbstätig. In den Ergebnissen der PIAAC-Studie liegt Deutschland im Bereich der Lesekompetenzen von Erwachsenen sogar unter dem OECD-Durchschnitt. Außerdem besitzen Erwachsene in Deutschland im internationalen Vergleich eher geringe digitale Kompetenzen. 54% der Erwachsenen in Deutschland haben zudem keine ausreichenden Gesundheitskompetenzen. Es handelt sich hierbei also nicht um ein Randgruppenphänomen – eine nicht ausreichend vorhandene Grundbildung betrifft Millionen Menschen.

Egal, warum Menschen nicht ausreichend lesen und schreiben können oder warum in anderen Bereichen Grundkompetenzen fehlen – sie sind ebenso Mitglieder unserer Gesellschaft. Sie haben ebenso das Recht auf selbstbestimmte Teilhabe an unserer Gesellschaft und am Arbeitsleben wie alle anderen Menschen auch!

 

Unsere Forderungen:

Nachhaltige Grundbildungsangebote, Informationen in leicht verständlicher Sprache und eine kritische Hinterfragung des aktuellen Schulsystems

 

Es muss daher zur absoluten Priorität werden, Menschen mit Grundbildungsbedarfen gezielt zu unterstützen. Sie brauchen Bildungsangebote, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind – einfach, zielgerichtet, unbürokratisch.

Gerade im Hinblick auf den allgemeinen Arbeitskräftemangel sollten wir die Menschen, die wir bereits in unserem Bildungssystem haben bzw. mit denen wir uns bereits in einem Arbeitsverhältnis befinden, weiterqualifizieren. Wir sollten auf den Kompetenzen und Potenzialen aufbauen, die sie bereits mitbringen– auch und gerade im an- und ungelernten Bereich. Wir brauchen grundbildungssensible Unternehmen, die das Potenzial ihrer Mitarbeiter*innen sehen und sie entsprechend fördern (sehen Sie hierzu P wie Potenziale nutzen).

Ganz allgemein brauchen wir eine verständnisvolle, empathische und offene Gesellschaft, in der es kein Tabu mehr darstellt, über Grundbildungsbedarfe zu sprechen.

Wir brauchen darüber hinaus auch Informationen in leicht verständlicher Sprache, die es auch Menschen mit niedrigeren Lesekompetenzen ermöglichen, sich selbst Zugang zu Informationen zu verschaffen. Diese Informationen müssen qualitativ hochwertig sein und dürfen keine Vorurteile schüren. Das bedeutet beispielsweise, dass die Texte trotz Vereinfachung in korrektem Deutsch und nicht zu banal geschrieben sind. Außerdem sollten die Texte so geschrieben sein, dass die Leser*innen von und mit den Texten lernen und sich langfristig vielleicht auch schwierigere Texte erarbeiten können. Insgesamt dürfen diese Texte nur ein Zusatzangebot zu den standardsprachlichen Texten darstellen.

Darüber hinaus muss auch das aktuelle Schulsystem unter die Lupe genommen werden. Es muss das oberste Ziel der Schulbildung sein, alle Kinder und Jugendliche im Laufe ihrer Schulzeit mit der Grundbildung auszustatten, die sie später auch benötigen. Nur so können wir nachhaltig dafür sorgen, dass die Erwachsenen von morgen mit den nötigen Grundkompetenzen ausgestattet sind.  

Kurzum: Wir brauchen eine rundum grundbildungssensible Gesellschaft, in der Menschen mit Grundbildungsbedarfen die benötigte Unterstützung erhalten. Eine Gesellschaft, an der alle gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben können – ganz gleich, wie gut wir zum Beispiel Lesen und Schreiben können.

 

Mehr Infos:

https://www.basiskom.de/

https://www.alphagrund-projekt.de/

https://www.alphadekade.de/alphadekade/de/die-projekte/die-projekte_node.html

https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Trends/PDF/2019/IW-Trends_2019-01-03_Grundbildung_Geringqualifizierte_.pdf

https://leo.blogs.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2022/09/LEO2018-Presseheft.pdf

https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/bildungsforschung/internationale-vergleichsstudien/piaac-programme-for-the-intern-sessment-of-adult-competencies/piaac-programme-for-the-intern-sessment-of-adult-competencies.html

https://www.alphadekade.de/alphadekade/de/die-projekte/projektuebersicht/flige-family-literacy/flige-family-literacy.html

Arbeitskräfte

Manche sprechen aktuell sogar schon von einem Arbeitskräftemangel. Das würde bedeuten, dass wir insgesamt zu viel Arbeit für zu wenige Beschäftigte haben. Das sehen wir nicht so. Wir haben nach Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung immer noch deutlich mehr arbeitslose Menschen als offene Stellen. Betrachtet man zusätzlich noch die Beschäftigten, die mehr arbeiten wollen (sog. Unterbeschäftigte), ist das Arbeitskräftepotential noch höher! Gleichzeitig steigt schon seit geraumer Zeit von Jahr zu Jahr die Zahl der Menschen, die einer abhängigen Beschäftigung nachgehen. Es gibt also auch nicht weniger Beschäftigte.

Verantwortlich für die Engpässe sind Passungsprobleme. Die offenen Stellen passen in vielen Fällen nicht zu den Menschen, die arbeiten können und wollen. Das hat mit den Arbeitsbedingungen, aber auch mit den Qualifikationen zu tun. Ein weiterer Grund für Engpässe sind steuerliche Fehlanreize wie das Ehegattensplitting und nicht ausreichende Kapazitäten bei der Kinderbetreuung.

Arbeitszeitmodelle

Flexible Arbeitszeiten: Das fordern im Grunde alle, nur meint nicht jeder das gleiche damit.

Für Beschäftigte bedeutet eine flexible Arbeitszeit, dass sie ihre beruflichen und privaten Anforderungen bestenfalls möglichst selbst organisieren können. Z. B. indem sie Beginn und Ende der Arbeitszeit möglichst selbst festlegen können. Eine hundertprozentige Autonomie kann es dabei ohnehin nicht geben, denn mindestens das Arbeitszeitgesetz (hier sind z. B. Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten etc. geregelt) oder tarifliche Anforderungen wie z. B. die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit oder Arbeitszeitkonten setzen hier bereits einen Rahmen. Und natürlich lässt nicht jeder Job gleich viel Autonomie bei der Arbeitszeitgestaltung zu. Ein Job im Büro, bei dem die Arbeit für sich alleine erledigt werden kann, bietet sicherlich in der Regel mehr flexible Möglichkeiten, als diese einem Schichtbeschäftigten im Produktionsteam zur Verfügung stehen. Aber auch hier gibt es Möglichkeiten Arbeitszeiten für Beschäftigte flexibler zu gestalten. Z. B. indem Beschäftigte Freischichten frei wählen können oder auch einfach nur indem der Schichtplan so rechtzeitig zur Verfügung steht, dass man langfristig planen und sich darauf einstellen kann.

Für so manchen Arbeitgeber, bedeuten flexible Arbeitszeiten dagegen etwas ganz Anderes. So mancher möchte völlig flexibel und autonom über die Zeit der Beschäftigten verfügen und sie immer dann einsetzen, auch kurzfristig und auch immer länger, wenn „betriebliche Erfordernisse“ dies verlangen. Und natürlich spielen betriebliche Erfordernisse eine wichtige Rolle, die die Arbeitszeitgestaltung mit beeinflussen. Durch vernünftige Personalplanung kann hier aber viel Druck genommen werden. Bei Personalmangel, hohen Krankenständen oder bei plötzlichen starken Auftragslagen sollten nicht die Beschäftigten spontan durch Mehrarbeit belastet werden und das nur deshalb da schlecht geplant wurde. Das Thema Arbeitszeit kann daher nicht nur durch Arbeitszeitmodelle geregelt werden, sondern auch durch Personalplanung, gesunde Arbeitsbedingungen, ein gutes Management, das den Geschäftsbetrieb im Griff hat oder eine gute Vergütung, die das Unternehmen für Fachkräfte attraktiv gestaltet.

Letztlich bestimmen jedoch unterschiedlichste Arbeitszeitmodelle wann und wie wir arbeiten. Dabei sind unterschiedlichste Regelungsansätze so vielfältig wie die Betriebe selbst.

Das Thema Arbeitszeit ist dabei voll mitbestimmungspflichtig nach §87 BetrVG. Betriebsräte entscheiden hier mit und können eigene Vorschläge machen. Die TBS gGmbH Rheinland-Pfalz unterstützt hierbei Betriebsräte in allen arbeitszeitrelevanten Bereichen:

•  Entwicklung passgenauer Arbeitszeitmodelle

•  Entwicklung und Überprüfung komplexer Schichtsysteme

•  Entwicklung und Beratung zu betrieblichen Arbeitszeitprojekten wie z.B.: Jahresarbeitszeitmodelle, Langzeitkonten, Lebensarbeitszeitkonten, Schicht- und Dienstpläne, Mobile Arbeit, Personaleinsatzplanung, Personalbemessung etc.

•  Beratung zur Mitbestimmung bei geplanter Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (z.B. Mehrarbeit oder

Kurzarbeit)

 

Musterlösungen, die für alle Beschäftigten oder Betriebe gleichermaßen passend sind, gibt es kaum. Jedoch kann eine gesunde Work-Life-Balance allein schon dadurch erreicht werden, indem Betriebsräte und Beschäftigte angemessen beteiligt werden und sich einbringen können.

Mehr Möglichkeiten der Zeitautonomie für Beschäftigte können dort erreicht werden, wo es durch gute und gesunde Arbeitsbedingungen keinen Personalmangel gibt.

 

Oft wird gefordert, dass das Arbeitszeitgesetz, das den Rahmen für Arbeitszeitmodelle vorgibt, aufgeweicht werden sollte. Insbesondere in Branchen und Betrieben, in denen Beschäftigte ohnehin schon auf dem Zahnfleisch laufen, wird gefordert man müsse Höchstarbeitszeitgrenzen nach oben schrauben oder die Ruhezeit verkürzen.

Dabei lässt das Arbeitszeitgesetz bspw. bereits heute zu, dass Beschäftigte bis zu 10 Stunden täglich an 6 Tagen der Woche arbeiten können, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Wer hier Lockerungen fordert, möchte im Klartext, dass es möglich ist, über 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. Das ist nicht einfach nur unangenehm, das ist extrem ungesund. Solche Arbeitszeiten bedeuten im Klartext hohe Unfallrisiken in den Betrieben, ein erhöhtes Risiko von Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, Herz-Kreislauf Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Übersterblichkeit, Beeinträchtigung der kognitiven Leistung, Psychovegetative Störungen wie etwa chronische Ermüdung, innere Unruhe, sexuelle Störungen, Depressionen, Nervosität, Angstzustände oder Gereiztheit. Auch nehmen Motivation und Leistung schlicht ab.

Und auch wer fordert, die Ruhezeiten müssten aufgelockert werden, fordert im Klartext, dass Beschäftigte sich zwischen Arbeitstagen kaum noch erholen sollen dürfen.

Den Fachkräftemangel lösen diese Branchen somit nicht. Im Gegenteil: Beschäftigte werden diesen Branchen noch wahrscheinlicher fernbleiben. Mehr Fachkräfte würden diese Branchen besser akquirieren, indem sie ihre Arbeitsbedingungen verbessern, statt darauf zu spekulieren, Personalmangel zu mindern indem man vorhandenen Beschäftigten immer weitere Mehrarbeit abverlangt.

Ausbildungsgarantie

Ausbildungsgarantie – Ohne Wenn und Aber

die Bundesregierung hat mit dem Gesetzes zur „Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ den Weg für eine gesetzliche Ausbildungsgarantie frei gemacht. Das ist ein wichtiger Schritt in doppelter Hinsicht: Einerseits für viele junge Menschen, die aktuell auf dem Ausbildungsmarkt leer ausgehen. Ihnen wird endlich eine Perspektive auf einen vollqualifizierenden Berufsabschluss geschaffen. Andererseits kann die gesetzliche Ausbildungsgarantie ein starker Hebel gegen den drohenden Fachkräftemangel werden und erheblich dazu beitragen, die Herausforderungen der Transformation unserer Wirtschaft zu meistern.

Gleichzeitig macht uns jedoch die regionale Beschränkung des gesetzlichen Anspruchs auf unterversorgte Regionen Sorgen: Denn auch in Regionen, die nicht als unterversorgt gelten, finden junge Menschen keinen Ausbildungsplatz. Ein Überangebot an Ausbildungsplätzen heißt nicht, dass insbesondere Menschen ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss einen Ausbildungsplatz bekommen. Die Indikatoren müssen so ausgestaltet werden, dass niemand aufgrund des eigenen Wohnorts durch das neugespannte Auffangnetz fällt. Denn ein Auffangnetz, wie es die außerbetriebliche Ausbildung für diejenigen ohne betrieblichen Ausbildungsplatz sein kann, darf nicht löchrig sein. Die Maschen müssen so eng gestrickt sein, dass niemand hindurch fällt – ohne Wenn und Aber!

Doch nicht nur das: Eine echte Ausbildungsgarantie muss die Ausbildung vor allem auch dort stärken, wo sie hingehört: im Betrieb. Hier findet sich aktuell die größte Leerstelle im Gesetzentwurf zur Ausbildungsgarantie. Der Bundestag muss hier dafür sorgen, dass die Bundesregierung nicht hinter die Verabredungen im Koalitionsvertrags zurückfällt. Dort ist u.a. eine Stärkung der Verbundausbildung vorgesehen und es werden tarifvertraglich vereinbarte Ausgleichsfonds als wichtige Impulse begrüßt, um wieder mehr betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Der Gesetzgeber sollte sie entsprechend anreizen und fördern. Das geeignetste Mittel, um die betriebliche Ausbildung zu stärken, bleibt jedoch ein Zukunftsfonds. Aus diesem werden die Kosten der Ausbildung solidarisch von allen Unternehmen finanziert.

Mehr Infos:

https://www.bremen-innovativ.de/wp-content/uploads/2022/06/2022-06-08-Abschlussbericht-Expertenkommission-Ausbildungsfoerderungsfonds.pdf

Berufsorientierung


Die Berufs- und Studienorientierung soll allen jungen Menschen in Rheinland-Pfalz dabei helfen, eigenverantwortlich, ressourcenorientiert und aktiv die Übergänge in Ausbildung, Studium und Beruf zu gestalten. Ziel aller Maßnahmen der Berufsorientierung ist, die Ausbildungs- und Zukunftschancen für alle zu verbessern.

Das Spektrum der beruflichen Orientierung ist sehr vielfältig und komplex. Gleichermaßen spielt die Berufs- und Studienorientierung für junge Menschen mit der Berufsreife eine immer größere Rolle. Wir fordern neben dem Ausbau der Berufs- und Studienorientierung eine sinnvolle Bündelung der angebotenen Berufsorientierungsmaßnahmen, um den Zugang zur Berufs- und Studienorientierung zu vereinfachen.

 

Mehr Infos:

Woher wir wissen, warum es jungen Menschen an Beratung fehlt? Schaut mal hier: Ausbildungsreport Rheinland-Pfalz

Das ist unser DGB Ausbildungsreport für Rheinland-Pfalz. Hier haben wir junge Menschen befragt.

Euch interessiert der Ausbildungsreport auf Bundesebene - für ganz Deutschlnad? Haben wir auch! Den findet ihr hier: Ausbildungsreport Deutschland

Und natürlich beraten wir auch, zeigen euch aus gewerkschaftlicher Sicht, was es bei der Berufswahl zu beachten gibt. Das interessiert euch? Dann schaut doch mal bei unserer DGB-Jugend vorbei: Beratung zur Berufswahl

Beteiligungsorientierung

Beteiligungsorientierung in betrieblichen Veränderungsprozessen – Zukunft gemeinsam gestalten

Die Arbeitswelt ist einem ständigen und dynamischen Wandel unterworfen. Neue Märkte, neue Anforderungen sowie Transformationsprozesse durch die Digitalisierung und Arbeit 4.0 stellen viele Betriebe und ihre Akteure vor die Herausforderung, ihre Organisation, Strukturen und Abläufe stetig anzupassen. Doch sind Veränderung und die Anpassung betrieblicher Prozesse nie ein Selbstläufer, sondern müssen von den Unternehmen aktiv gestaltet und umgesetzt werden. Bei der Umsetzung von betrieblichen Veränderungsprozessen kommt der Beteiligung und Einbindung der Beschäftigten eine hohe Bedeutung zu. Gedanken, Meinungen, Know-How und Erfahrungswissen der Beschäftigten stellen einen großen Erfolgsfaktor dar und liefern Unternehmen wertvolle Impulse.

In der betrieblichen Realität werden die Beschäftigten jedoch häufig nur als Nutzer bzw. Umsetzer in Teilschritte/-projekte einbezogen, nicht aber am gesamten Prozess beteiligt. Dies spiegelt sich dann im weiteren Verlauf in einer fehlenden Akzeptanz und einer Abwehrhaltung gegenüber den Veränderungen bei der Belegschaft wieder – was letztlich zum Scheitern gesamter Veränderungs- und Einführungsprozesse führen kann.

Unter dem Schlagwort der Beteiligungsorientierung lassen sich verschiedene Begriffe zusammenfassen: Partizipation, Beteiligung oder auch Mitbestimmung. Dabei kann die Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Unternehmen grundsätzlich materiell und/oder immateriell stattfinden. Bei beiden Formen werden die Beschäftigten über ihre eigene Arbeitsleistung hinaus mit dem Unternehmen als Arbeitgeber verbunden.

Eine materielle Beteiligung soll Beschäftigte bis zu einem bestimmten Grad zu Miteigentümern des Unternehmens machen, damit sie sich dadurch entsprechend verstärkt einbringen, um den Unternehmenserfolg zu sichern. Unter immaterieller Mitarbeiterbeteiligung versteht man dagegen die Einbindung von Mitarbeitenden in betriebliche Informations-, Koordinations- und Entscheidungsprozesse. Unterscheiden lässt sich hier noch einmal zwischen der gesetzlichen Mitbestimmung, etwa über Betriebsräte oder Aufsichtsräte, und freiwilligen Beteiligungsformen. Eine indirekte Mitwirkung von Beschäftigten kann dabei über die Einrichtung verschiedener Gremien geschehen, in denen Vertretungen der Geschäftsführungs- bzw. Führungsebene und der Beschäftigten zusammenkommen.

Die Interessenvertretungen wie z.B. Personal- und Betriebsräte repräsentieren in diesen Gremien die Interessen ganzer oder Teilen von Beschäftigtengruppen, die somit nicht unmittelbar beteiligt sind. Darüber hinaus gibt es auch viele weitere Formen der direkten persönlichen Partizipation von Beschäftigten. Dabei haben die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Interessen und Gedanken in das Unternehmen einzubringen. Dazu dienen verschiedenste Methoden und Instrumente wie bspw. Mitarbeiterbefragungen, Zielvereinbarungen oder verschiedene Workshopkonzepte.

Eine konsequente beteiligungsorientierte Unternehmenskultur setzt voraus, dass Beschäftigte und / oder deren Interessenvertretungen nicht nur informiert, sondern ihre Meinungen ernst genommen werden und in den Entscheidungs- bzw. Veränderungsprozess mit einfließen. Dies erfordert jedoch, dass Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Interessenvertretung auch in dieser Funktion als Mitentscheider wahrnehmen. Zentrale Rolle nimmt darin der herrschende Führungsstil bzw. die Führungskultur ein. Für eine erfolgreiche Umsetzung von Beteiligungsprozessen ist es ausschlaggebend, dass die Beschäftigten die Beteiligung nicht nur auf dem Papier wahrnehmen, sondern ihnen tatsächlich ein Mitspracherecht eingeräumt wird.

Sollen die Vorteile von beteiligungsorientierten Maßnahmen in Veränderungsprozessen genutzt werden, so müssen diese gut durch die Geschäftsführung und den Führungskräften vorbereitet und wirklich gewollt sein. Eine nicht ernst gemeinte oder auch isolierte und einmalige Beteiligung in Veränderungsprozessen wird weniger wirksam sein oder sich sogar negativ auswirken. Eine partizipative Unternehmenskultur trägt dazu bei, die Mitarbeitermotivation zu erhöhen und die Identifikation der Beschäftigten mit den Unternehmenszielen zu stärken. Zudem lässt sich so die betriebliche Innovationsfähigkeit steigern. Je mehr Mitwirkungsmöglichkeiten Beschäftigte erhalten umso stärker fühlen sie sich mit dem Unternehmen verbunden. Eine starke Beteiligungsorientierung im Unternehmen, sowohl im Rahmen von Veränderungsprozessen als auch umfassend als Bestandteil der gesamten Unternehmenskultur, kann dann auf mehreren Ebenen zum Unternehmenserfolg beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und die Arbeitgeberattraktivität steigern.

Betriebsliches Gesundheitsmanagement

Mit gesunden Beschäftigten gemeinsam in eine gesunde Zukunft

Die Idee des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) findet Ihren Ursprung zum einen in der Ottawa-Charta aus dem Jahr 1986, zum anderen im betrieblichen Arbeitsschutz.

Dies spiegelt sich auch noch heute in den drei Säulen wieder, aus denen sich das BGM zusammensetzt:

1.       Arbeits- und Gesundheitsschutz

2.       Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

3.       Betriebliche Gesundheitsförderung

 

Arbeits- und Gesundheitsschutz

Die Rechtsgrundlage des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bildet das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), seine Regelungen müssen von allen Arbeitgebern eingehalten werden. Ergänzt wird es durch weitere Gesetze die Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz enthalten.

Bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen in den Betrieben steht die Gefährdungsbeurteilung im Mittelpunkt. Die Durchführung kann vom Arbeitgeber selbst oder von fachkundigen Personen, die dafür beauftragt werden, durchgeführt werden. In der Praxis übernehmen häufig die Fachkraft für Arbeitssicherheit gemeinsam mit einem/einer Arbeitsmedizinerin diese Aufgaben oder es werden externe Dienstleister damit betraut. Vor allem im Bereich der psychischen Belastungen, welche seit 2015 explizit als auch im Arbeitsschutzgesetz als Gefährdungsfaktor benannt sind, wird nicht selten Unterstützung von außen hinzugezogen.

 

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Ziel des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ist es, Menschen die länger arbeitsunfähig waren dabei zu helfen wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren. Auch hier gibt es eine gesetzliche Grundlage, welche im § 167 Abs. 2 SGB IX verankert ist und seit 2004 bindend für alle Arbeitgeber ist. Arbeitgeber sind verpflichtet, Beschäftigten BEM anzubieten, wenn sie länger als 42 Tage innerhalb von 12 Monaten arbeitsunfähig waren. Unerheblich ist es dabei, ob es sich um viele Kurzerkrankungen oder eine länger andauernde Erkrankung handelt.  Wichtig hierbei ist, dass Arbeitgeber das BEM anbieten müssen, die Teilnahme für die Betroffenen jedoch freiwillig ist. Das BEM zielt unter anderem darauf ab

  • Betroffene Beschäftigte wieder im Betrieb zu integrieren
  • Die Arbeitsfähigkeit positiv zu fördern
  • Weitere Fehlzeiten die krankheitsbedingt sind zu vermeiden
  • Das Arbeitsverhältnis dauerhaft zu erhalten

 

Betriebliche Gesundheitsförderung

Eine besondere Rolle im betrieblichen Gesundheitsmanagement spielt die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF), denn sie eröffnet die Möglichkeit, Angebote und Maßnahmen am Arbeitsplatz für die Beschäftigten zu etablieren, die an die Bedürfnisse der Beschäftigten angepasst sind. Bei der Zusammenstellung und Etablierung der Angebote ist es wichtig

  • Die Bedürfnisse der Beschäftigten kennen
  • Bedarf zu wecken
  • Nachhaltigkeit sicherzustellen

und vor allem auch mit viel Kreativität und Offenheit zu gestalten.

BGF ist eine freiwillige Leistung der Arbeitgeber, die nicht gesetzlich geregelt ist. Als dritte Säule eines ganzheitlichen und erfolgreichen BGM wird sie durch die Krankenkassen gefördert.

 

Ein strukturiertes und den Bedürfnissen der Beschäftigten angepasstes betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein wichtiger Baustein für die Fachkräftesicherung. Denn die nachhaltige Sicherung der Gesundheit der Beschäftigten ist unerlässlicher Bestandteil zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit während und über die Lebensarbeitszeit hinaus.

Betriebsrat

Die Ergebnisse der 2022 vom WSI publizierten Betriebs- und Personalrätebefragung zeigen, dass die Ursachen des Fachkräftemangels zu einem erheblichen Anteil von 24 bis 32 Prozent der Befragten, in schlechten Arbeitsbedingungen (unattraktive Gehälter, ungünstige Arbeitszeiten u.ä.) begründet sind.

Betriebsräte können im Rahmen ihres Mandates die betriebliche Ebene aktiv mitgestalten, um gute Arbeitsbedingungen auszuhandeln und Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Aufstiegschancen zu vereinbaren. Die Herausforderungen des Fachkräftemangels können nur sozialpartnerschaftlich bewältigt werden.

In der Betriebsratsarbeit muss darauf hingewirkt werden, Fachkräfte durch gute Arbeitsbedingungen zu gewinnen, zu binden, und auf diese Weise übermäßige Fluktuation, frühzeitiges Ausscheiden aufgrund von bspw. Überforderung, fehlender Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Krankheit zu verhindern.

Handlungsfelder sind insb.:

·         Aus- und Weiterbildung stärken

·         Bessere, attraktivere Arbeitsbedingungen und weniger Verschleiß am Arbeitsplatz

·         Potenziale junger Eltern einbinden – Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern

·         Potenziale älterer Beschäftigter (bis 64 Jahre) einbinden – Förderung alternsgerechter Maßnahmen und Gesundheitsprävention

·         Faire Migration aus der EU und aus Drittstaaten ermöglichen

 

Mehr Infos:

Ahlers, Elke; Quispe Villalobos, Valeria: Fachkräftemangel in Deutschland? WSI Report, Düsseldorf, https://www.boeckler.de/fpdf/HBS-008345/p_wsi_report_76_2022.pdf;

Betriebliche Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert. Gesetzentwurf für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz, https://www.dgb.de/themen/++co++02729430-b4bf-11ec-9dbe-001a4a160123;

Care Arbeit

Überall fehlen Fachkräfte – gleichzeitig können viele im erwerbsfähigen Alter nicht arbeiten, weil sie Kinderbetreuung oder Pflege übernehmen.

Ganze 3,1 Millionen Menschen bilden Deutschlands „stille Reserve“ – sie arbeiten derzeit nicht, obwohl sie gerne würden. 56 Prozent von ihnen sind Frauen, mehrheitlich gut ausgebildet. Damit Frauen, die arbeiten wollen, dies auch tun können, müssen die Voraussetzungen stimmen.

Zum einen braucht es flächendeckende und bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder und Pflegebedürftige. Darüber hinaus muss unbezahlte Sorgearbeit umverteilt werden, auch Männer und Väter müssen in Haushalt und Familie verstärkt mitanpacken.

Der DGB fordert dazu den Ausbau der Partnermonate beim Elterngelt und eine zehntägige, bezahlte Freistellung für Väter oder zweite Elternteile rund um die Geburt eines Kindes.

Auch die Arbeitgeber*innen sind in der Pflicht: Frauen brauchen Arbeitszeiten, die zum Leben passen. Längere Arbeitszeiten in den Abendstunden sind für Beschäftigte, die Sorgearbeit leisten, nicht machbar. Hier müssen sich die Arbeitgeber bewegen, um Frauen wie Männern die gleichen Möglichkeiten zu eröffnen, erwerbstätig zu sein und gleichzeitig Verantwortung für Familie und Hausarbeit zu übernehmen.

Von der Politik fordert der DGB einen Gleichstellungscheck für alle politischen Vorhaben, damit sie den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern gerecht werden und die Gleichstellung vorantreiben.

Mehr Infos:

https://www.prognos.com/de/projekt/fachkraeftesicherung-durch-die-vereinbarkeit-von-familie-und-beruf

Einwanderung

Chancenaufenthaltsrecht

Am 21. Dezember 2022 wurde das Chancen-Aufenthaltsgesetz vom Bundestag beschlossen und ist seit dem 31.12.2022 in Kraft. Der DGB hat den Vorschlag für ein Chancen-Aufenthaltsrecht in einer Stellungnahme grundsätzlich begrüßt, auch wenn aus seiner Sicht kritikwürdige Punkte anzumerken sind. Das beschlossene Gesetz bringt folgende Veränderungen:

Das Gesetz gibt Menschen, die eine Duldung als Aufenthaltstitel haben, die Möglichkeit ein sogenanntes „Chancen-Aufenthaltsrecht“ zu beantragen. Mit diesem können sie binnen 18 Monaten die Anforderungen für eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erfüllen. Eine Verlängerung des Zeitraums ist nicht möglich.

Um ein Chancen-Aufenthaltsrecht beantragen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

a) Betroffene müssen zum Stichtag 31.10.2022 seit mindestens 5 Jahren in Deutschland leben, und dabei ununterbrochen geduldet oder gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland gelebt haben.

b) Die Person muss sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und darf nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat zu mehr als 50 Tagessätzen verurteilt sein.

c) Die Person darf nicht wiederholt vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder über Ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht haben.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, erhalten Personen eine Beschäftigungserlaubnis, sofern die Person nicht schon erwerbstätig ist. Falls staatliche Hilfen notwendig sind, werden diese nach SGB II („Bürgergeld“) geleistet und nicht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Zudem bekommen auch Familienangehörige der Kernfamilie, die gemeinsam in einer Wohnung leben, ebenfalls ein Chancen-Aufenthaltsrecht, auch wenn diese noch keine 5 Jahre in Deutschland leben.

Damit sich nach diesen 18 Monaten eine dauerhafte Bleibeperspektive eröffnet, muss die Person mündliche Deutschkenntnisse auf A2-Niveau und eine überwiegend eigenständige Lebensunterhaltssicherung durch Erwerbstätigkeit nachweisen. Zudem muss gegebenenfalls die Identität geklärt bzw. die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen dafür ergriffen worden sein.

In Verbindung mit dem Chancen-Aufenthaltsgesetz macht die Bundesregierung Integrationskurse und Berufssprachkurse für Asylbewerber*innen von Anfang an zugänglich, unabhängig vom Herkunftsland oder Einreisedatum der betroffenen Personen. Zudem wurde § 25a AufenthG dahingehend geändert, dass Jugendliche und Heranwachsende unter 27 Jahren bereits nach drei Jahren Zugang zu einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG erhalten.

 

Fachkräfteeinwanderung

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde am 23. Juni 2023 im Bundestag verabschiedet und steht mit der begleitenden Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung für die letzte Plenumssitzung des Bundesrates vor der Sommerpause am 07. Juli 2023 auf der Tagesordnung. Damit werden die beiden Entwürfe (voraussichtlich) die letzte gesetzgeberische Hürde vor der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und der Verkündung im Bundesgesetzblatt nehmen.

Die Regelungen des Gesetzes und der Verordnung werden nach Verkündung zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft treten:

·         Der erste Zeitpunkt des Inkrafttretens wird voraussichtlich der 18. November 2023 sein. Dies betrifft vor allem die Änderungen im Zusammenhang mit der Blauen Karte EU sowie der §§ 18a, 18b AufenthG.

·         Der Großteil der Änderungen wird voraussichtlich im 1. Quartal 2024 in Kraft treten. Dies schließt den „Spurwechsel“ und die Ersetzung der Ausbildungsduldung durch eine Aufenthaltserlaubnis ein.

·         Die Regelungen zur sog. Chancenkarte als Aufenthaltserlaubnis zur Suche nach einer Erwerbstätigkeit oder Maßnahme zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen auf Grundlage eines Punktesystems werden voraussichtlich im 2. Quartal 2024 in Kraft treten. 

 

Spurwechsel bedeutet, dass Menschen, die keinen Anspruch auf einen Asylstatus in Deutschland haben, bleiben können, wenn sie eine Arbeit finden. Diese Möglichkeit soll nun kommen für all diejenigen, die zum Stichtag 29. März dieses Jahres im laufenden Asylverfahren waren. Im Grunde gilt für sie: Erfüllen sie die Voraussetzungen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, können sie bleiben, wenn sie einen Job finden. Eine Chance ist das vor allem für Menschen, die keinen Flüchtlingsstatus bekommen.

Zum „Spurwechsel“ und der Ersetzung der Ausbildungsduldung durch eine Aufenthaltserlaubnis ist es wichtig Folgendes zu wissen:

vor dem 29. März 2023 eingereist sind,
sich bei der Beantragung des Spurwechsels noch im Asylverfahren befinden,
ihren Asylantrag zurückgenommen haben,
die (hohen) Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§
18a (Fachkräfte mit Berufsausbildung),
18b (Fachkräfte mit Hochschul/Uniabschluss) oder
19c Absatz 2 (Personen mit besonderer Berufspraktischer Erfahrung) AufenthG sowie
die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG (insbesondere Lebensunterhaltssicherung, Erfüllung der Passpflicht und geklärte Identität) erfüllen.
Die Ausbildungsduldung wird in eine Ausbildungsaufenthaltserlaubnis in den 4. Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes (Erwerbszwecke) überführt. Die neue Aufenthaltserlaubnis setzt nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel die Sicherung des Lebensunterhaltes voraus. Zugrunde gelegt wird dabei gem. § 2 Abs. 3 S. 5 AufenthG n.F. der BaFöG-Höchstsatz von derzeit u.W. 934 Euro. Im Jahr 2022 betrug die durchschnittliche tarifliche Ausbildungsvergütung 930,00 € und die Mindestausbildungsvergütung lag bei 620,00 €. https://www.bibb.de/de/170707.php

Chancenkarte

Fachkräfte mit Berufsabschluss und -erfahrung können kommen, ohne dass sie vorher ihren Abschluss von Deutschland anerkennen lassen müssen. Für Ausländerinnen und Ausländer mit einem von Deutschland anerkannten Abschluss werden die Hürden gesenkt, etwa das vorgeschriebene Mindestgehalt von 3500,00 € bruto pro Monat.

Mehr Infos:

DGB Positionspapier Fachkräfteeinwanderung

https://www.dgb.de/++co++9699bbec-918d-11ed-ba15-001a4a160123/221207_Positionspapier%20zum%20Eckpunktepapier%20Fachkraefteeinwanderung.pdf

Geflüchtete und Arbeitnehmerrecht – Was Sie wissen sollten, um in Deutschland erfolgreich zu arbeiten

https://www.dgb.de/themen/++co++88575118-2814-11ec-8f6f-001a4a160123

Entgelt

Wer Fachkräfte sucht, findet diese nur indem man gute Löhne bezahlt!

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Entgelten oberhalb des Mindestlohns ist meist entscheidend, ob der Arbeitgeber nach Tarifvertrag bezahlt.“

Gegenstand der Mitbestimmung ist die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis erbringt, unbeschadet ihrer Benennung (z. B. Lohn, Gehalt, Zulage usw.)

Im Entgelt müssen sich soziale und sozialpolitische Anliegen einer Gesellschaft widerspiegeln. Dazu gehören zum Beispiel Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Beiträge zur Altersvorsorge, Unfall-, Kinder- und Familienzulagen sowie gleicher Lohn für Mann und Frau. Angesichts der Tatsache, dass Millionen von Beschäftigten keine Chance auf eine auskömmliche Rente haben werden und Altersarmut tatsächlich die Gesellschaft bedroht, muss Lohngerechtigkeit ein stetes Bestreben sein.

Die erbrachte Leistung und das Arbeitsverhalten werden zunehmend stärker bewertet und entlohnt. Allerdings muss durch den Einsatz von geeigneten Entgeltformen die Voraussetzung dafür gegeben sein, dass Entgelt tatsächlich zu einem objektiven und fairen Leistungs- bzw. Verhaltensanreiz wird. Die Entwicklung von Instrumenten zur Leistungsbemessung kann daher in Folge nur mitbestimmungsorientiert erfolgen.

Die Tarif- und Entgeltpolitik bildet die Grundlage für eine faire Entlohnung der Beschäftigten und eine gute „Lohnpolitik“, welche auch eine „Entgeltgleichheit“ beinhaltet, bindet nicht nur Fachkräfte an Unternehmen. So wird die Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten gefördert, eine geringere Fluktuationen und eine einfachere Personalrekrutierung geschaffen und das Image des Betriebes wird aufgewertet. Klare Gehaltskriterien, welche an nachvollziehbaren und transparenten Faktoren festgemacht sind, ermöglichen eine faire Lohnpolitik.

Mehr Infos:

www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-faire-bezahlung-muss-verpflichtend-sein-40847.htmhttps://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-faire-bezahlung-muss-verpflichtend-sein-40847.htm

Frauenerwerbsarbeit

Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!

Das größte und somit wichtigste Beschäftigungspotenzial zur Fachkräftesicherung liegt in der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Frauen sind heute besser ausgebildet als je zuvor - und doch haben sie schlechtere Beschäftigungs-, Verdienst- und Aufstiegschancen und sind in der Folge stärker von Altersarmut betroffen. 
Gründe hierfür sind vor allem die ungleiche Aufteilung von unbezahlter Haus- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern, die Spaltung des Arbeitsmarktes in frauen- und männerdominierte Tätigkeiten, prekäre Arbeitsbedingungen in weiblich geprägten Berufsfeldern sowie Diskriminierung und Sexismus am Arbeitsplatz.

In der Konsequenz arbeiten Frauen häufiger in (unfreiwilliger) Teilzeit oder geringfügiger Beschäftigung und sind von längeren Phasen der Arbeitslosigkeit betroffen als Männer. Obwohl sich viele Frauen eine Ausweitung ihrer tatsächlichen Erwerbsarbeitszeiten wünschen, sind dafür die Hürden in der Realität oftmals zu hoch, auch weil die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gegeben sind.

Um das Beschäftigungspotenzial von Frauen zu aktivieren und echte Gleichstellung am Arbeitsmarkt herzustellen, ihre eigenständige Existenzsicherung zu stärken und mehr Frauen in Führung zu bringen, müssen Geschlechterungleichheiten in der Arbeits- und Lebenswelt überwunden werden. 

Ohne gute Arbeitsbedingungen, faire Entlohnung in allen, auch den frauendominierten Branchen, diskriminierungsfreie Steuersysteme und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab der ersten Arbeitsstunde wird der Fachkräftemangel nicht zu beheben sein.

Unsere wichtigsten Forderungen:

1. Arbeitszeiten, die zum Leben passen

Um Mitarbeiter*innen mit Familienverantwortung für den Betrieb zu gewinnen bzw. dort zu halten ist ein größeres Maß an Mitsprache der Beschäftigten bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitszeit notwendig. Dafür bedarf es eines Rechtsanspruchs der Beschäftigten auf die Gestaltung von Arbeitszeitarrangements hinsichtlich Dauer, Lage und Rhythmus der vertraglichen Arbeitszeit sowie auf die Wahl des Arbeitsortes. 

Damit für Frauen nach der Geburt eines Kindes die Teilzeitfalle nicht zuschnappt, muss der Anwendungsbereich der Brückenteilzeit ausgeweitet werden. 

Die relativ große Gruppe weiblicher Beschäftigter in kleinen und sehr kleinen Betrieben darf nicht länger vom Recht auf befristete Teilzeit ausgeschlossen sein, weil diese Frauen die Möglichkeit der befristeten Teilzeit am dringendsten benötigen. 

Dass sich in der Regel vollzeitbeschäftigte Männer kürzere, teilzeitbeschäftigte Frauen längere Arbeitszeiten wünschen, unterstreicht: Kürzere Arbeitszeiten und die Umverteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern gehören auf die politische Agenda!

2. Partnerschaftlichkeit stärken, Sorgearbeit fair teilen!

Die gesellschaftliche Umverteilung von unbezahlter Sorge- und Hausarbeit ist eine zentrale Stellschraube für die stärkere Arbeitsmarktpartizipation von Frauen. Männer müssen in ihrer Verantwortung für die Übernahme von Sorgetätigkeiten gestärkt und die partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit muss gefördert werden. Um Sorgearbeit auch in männlichen Erwerbsverläufen zu etablieren, sollten eine zehntägige, bezahlte Vaterschaftsfreistellung rund um die Geburt eines Kindes eingeführt und das Elterngeld u.a. durch eine Erhöhung der Partnermonate weiterentwickelt werden. Auch die Kultur in den Betrieben muss sich ändern: Karrierehemmnisse für Menschen, die Elternzeit in Anspruch nehmen, müssen abgebaut werden.
 

3. Erwerbstätige mit Sorgeverantwortung unterstützen

Unverzichtbar für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist der bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kinder bis zum 14. Lebensjahr. Auch Erwerbstätige mit Pflegeverantwortung müssen stärker unterstützt und Anreize für eine geschlechtergerechte Inanspruchnahme von Pflegezeiten gesetzt werden. 
 

4. Frauendominierte Berufsfelder aufwerten

Um dem chronischen Fachkräftemangel in den Berufsfeldern Pflege, Bildung, Erziehung und soziale Arbeit entgegenzuwirken und gut ausgebildete Arbeitskräfte (zurück)zugewinnen, müssen frauendominierte Berufe aufgewertet werden – durch höhere Entgelte bereits in der Ausbildung, bessere Weiterbildungs- und Aufstiegsperspektiven, Flächentarifverträge, Entlastung der Beschäftigten und Sicherstellung der Arbeitsqualität durch angemessene Personalbemessungen.

 

5. Geringfügige Beschäftigung nachhaltig reformieren

Minijobs stellen eine besonders prekäre Form (weiblicher) Teilzeitbeschäftigung dar. Zudem ist eine Brückenfunktion hin zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht zu erkennen: Auch im Sinne der Fachkräftesicherung ist es deshalb höchste Zeit, die geringfügige Beschäftigung ab der ersten Arbeitsstunde sozial abzusichern.

6. Fehlanreize im Steuerrecht beseitigen

Das Ehegattensplitting behindert die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben und die partnerschaftliche Verteilung von Familienarbeit: Es schafft Anreize für ein asymmetrisches Modell, in dem der Mann Allein- oder Hauptverdiener ist und die Frau allenfalls hinzuverdient. Sowohl im Sinne der eigenständigen Existenzsicherung von Frauen als auch angesichts des erklärten Ziels der Fachkräftesicherung sollte deshalb die Steuerklassenkombination III/V abgeschafft und durch die Steuerklassenkombination IV/IV, ergänzt um das Faktorverfahren, ersetzt werden. Längerfristig ist das Ehegattensplitting durch eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag zu ersetzen.

7. Legale und bezahlbare haushaltsnahe Dienstleistungen

Ein wichtiger Baustein zur Aktivierung weiblicher Arbeitskräfte sind haushaltsnahe und personenbezogene Dienstleistungen. Familien brauchen Angebote, um haushaltsnahe und personenbezogene Dienstleistungen bedarfsnah, unbürokratisch und legal in Anspruch nehmen und bezahlen zu können. 

Mehr Infos:

https://www.wsi.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-008535

Gute Arbeit

Fachkräfte wollen Gute Arbeit. Dabei geht es um Arbeitsbedingungen, die wir in Tarifverträgen und über die Mitbestimmung gestalten. Dort regeln wir Bezahlung, Arbeitszeit, Sicherheit für Beschäftigte, menschengerechte Arbeit  und auch Entwicklungsperspektiven und Weiterbildung für Beschäftigte. Der Fokus in der Debatte um Gute Arbeit ist dynamisch. Deshalb befragen wir jedes Jahr mit den DGB-Index Gute Arbeit Beschäftigte im ganzen Bundesgebiet, wie sie ihre Beschäftigungssituation einschätzen – und ob sie Gute Arbeit haben.

Handlungsfähiger Staat

Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind täglich rund um die Uhr für uns da. Wir bringen unsere Kinder in die Kindertagesstätte oder Schule, sie halten unsere Straßen sauber, befördern uns sicher an unser Ziel und pflegen uns, wenn wir medizinische Hilfe benötigen. Wir können uns im Notfall auf die Einsatzkräfte der Blaulichtfamilie verlassen, die ihr Leben riskieren, um unser Leben zu schützen.

Daher fordern wir:

1. Bessere Bezahlung
Die Anforderungen an die Beschäftigten im öffentlichen Dienst werden immer komplexer, schwieriger – und gefährlicher. Zudem nehmen die Arbeitsverdichtung und der Grad an gesellschaftlicher Verantwortung immens zu. Systemrelevante Berufe des öffentlichen Diensts und der Daseinsvorsorge müssen daher auch die Wertschätzung und monetäre Anerkennung erfahren, die sie verdienen. Applaus allein reicht nicht!

2. Grundschullehramt und Erzieher*innenberufe aufwerten
In Kindertagesstätten und Grundschulen werden unverzichtbare Grundlagen für die Bildungssozialisation unserer Fachkräfte von morgen gelegt. Zugleich fehlen dort Fachkräfte. Viele Eltern vertrauen ihre Kinder den pädagogischen Fach- und Grundschullehrkräften an. Eine große Verantwortung, die entsprechend zu honorieren ist. Deshalb wandern Lehrkräfte und Erzieher*innen in andere Bundesländer ab. Das können wir uns angesichts des akuten Fachkräftemangels nicht leisten.

3. Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Jungen Menschen ist ein familienfreundlicher und krisensicherer Arbeitgeber sehr wichtig. Gleichwohl beklagen viele Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, dass neben der schlechten Bezahlung insbesondere auch unflexible Arbeitszeitmodelle für die hohe Unzufriedenheit ausschlaggebend sind. Der öffentliche Dienst muss als Arbeitgeber als gutes Vorbild vorangehen
und zeitgemäße Arbeitszeitmodelle zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen.

4. Bessere Gesundheitsleistungen
Spätestens seit der Pandemie ist deutlich geworden, dass die Gesundheit ein enorm hohes Gut ist. Wenn Beschäftigte aus systemrelevanten Berufen bei der Polizei, im Rettungsdienst oder im Krankenhaus krankheitsbedingt fehlen, hat das gravierende Auswirkungen für die gesamte Gesellschaft. Aus diesem Grund müssen der Schutz und die Gesunderhaltung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst oberste Priorität des Dienstherrn genießen. Zudem sollten Beschäftigte bei den enorm gestiegenen Kosten der Gesundheitsversorgung entlastet werden. Die Abschaffung der Kostendämpfungspauschale bei Beamt*innen wäre ein wichtiger Schritt dahin.

5. Erhöhung der Zulagen
Die Einsatzkräfte bei Polizei und Feuerwehr riskieren tagtäglich für unsere Sicherheit ihr Leben. Das muss auch angemessen entlohnt werden. Der DGB Rheinland-Pfalz / Saarland fordert die politisch Verantwortlichen deshalb auf, das Zulagenwesen (die
Gefahrenzulage) in Rheinland-Pfalz und im Saarland leistungsgerecht aufzuwerten.

 

Integration

Die Ausweitung der Personalsuche auf internationale Fachkräfte bietet die Möglichkeit, offene Stellen auch langfristig mit qualifizierten Mitarbeitenden besetzen zu können. Dies schafft auch Entlastung für Belegschaften, die aufgrund unbesetzter Stellen mehr arbeiten müssen.

Um internationale Fachkräfte erfolgreich zu integrieren und langfristig zu binden, bedarf es geeigneter Rahmenbedingungen und Maßnahmen. Diese entstehen durch die Schaffung eines Bewusstseins für die personale Vielfalt im Unternehmen und deren Wertschätzung. Mitarbeitende werden unabhängig von ihren Persönlichkeitsmerkmalen, Lebensentwürfen und -stilen wahrgenommen und anerkannt. Ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten und die damit einhergehenden unterschiedlichen Fähigkeiten und Stärken werden als Ressourcen gesehen, die den Unternehmenserfolg maßgeblich beeinflussen. Dies führt zu einer vielfaltsbewussten Unternehmenskultur, die inklusiv und diskriminierungskritisch ausgerichtet ist und auch den bisher schon Beschäftigten zu Gute kommt.

Die Ende 2018 verabschiedete „Fachkräftestrategie“ der Bundesregierung zielt auf die Erschließung und Erweiterung der inländischen, europäischen und explizit auch außereuropäischen Fachkräftepotenziale. In den Jahren zuvor kamen verstärkt EU-Staatsbürger*innen als Arbeits- und Fachkräfte nach Deutschland. Zeitgleich mit dieser wurde deshalb das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) beschlossen, das am 1. März 2020 in Kraft getreten ist. Es regelt die Rahmenbedingungen für die Aufnahme einer Beschäftigung oder Ausbildung von Drittstaatsangehörigen in Deutschland.

Internationale Fachkräfte, die eine Arbeitsstelle in Deutschland neu antreten, stehen vor zahlreichen Herausforderungen. Neben der Einarbeitung in das neue Arbeitsumfeld gehören dazu beispielsweise der Erwerb berufsbezogener Sprachkenntnisse und das soziale Einleben am neuen Wohnort.

Die erfolgreiche Integration internationaler Mitarbeitender in ein Unternehmen geht alle an. Führungskräfte und Mitarbeitende sind gefragt, wenn es darum geht, die neuen Kolleg*innen einzuarbeiten, Arbeitsabläufe und -prozesse zu vermitteln und sie mit den Spielregeln der Zusammenarbeit vertraut zu machen. Entscheidend für den Erfolg ist deshalb, die Ressourcen und Bedarfe der neuen Fachkräfte mit denen des Unternehmens abzugleichen und eine konkrete Strategie für die Erstintegration zu entwickeln. Eine gelebte Willkommenskultur motiviert alle neuen Mitarbeitenden. Für internationale Fachkräfte aber ist sie noch wichtiger, um gut in ihrem neuen Arbeitsumfeld anzukommen.

Um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und damit ihre Bindung an das Unternehmen langfristig zu sichern, stehen eine Reihe an Instrumenten zur Verfügung. Besonders relevant dabei sind:

·         Unternehmenskultur

Eine Unternehmenskultur, die Vielfalt wertschätzt und nutzt, führt zu einem guten Betriebsklima, das sich durch Vertrauen, Offenheit und Transparenz auszeichnet.

Arbeit und Leben bietet im Rahmen des geförderten Projektes „IQ OnBoard Rheinland-Pfalz“ im IQ Regionalen Integrationsnetzwerk RLP  Beratung und Unterstützung für Führungskräfte und Beschäftigten bei allen Themen der betrieblichen Integration neuer internationaler Kolleg*innen und des multikulturellen Teams.

https://www.arbeit-und-leben.de/projekte/iq-on-board-rheinland-pfalz

·         Kommunikation und informelle Begegnungen

Zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und des Beziehungsnetzwerkes sind informelle Begegnungen unerlässlich. Hier können sich Mitarbeitende jenseits der Arbeit auch persönlich besser kennenlernen und sich untereinander austauschen. Dazu gehören gemeinsame Pausen oder ein zentraler Ort zum Mittagessen. Gemeinsame Feste und Ausflüge sorgen für ein Gemeinschaftsgefühl und tragen zur schnelleren sozialen Integration internationaler Fachkräfte bei.

·         Führung

Die Verantwortung von Führungskräften liegt u.a. darin, die Unternehmensziele einerseits und die Bedarfe und Interessen der Mitarbeitenden andererseits in Übereinstimmung zu bringen. Insofern haben sie eine Schlüsselrolle bei der Ausgestaltung der Unternehmenskultur. Je besser die Führung, umso mehr steigt die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und damit die Bereitschaft, langfristig im Unternehmen zu bleiben.

·         Weiterbildung und Karriere

Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein erster wichtiger Schritt für die Bindung internationaler Fachkräfte. Interessierten Unternehmen bietet das IQ Regionales Integrationsnetzwerk Unterstützung: Zahlreiche IQ Beratungsstellen bieten  Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen Unterstützung bei den Anerkennungsverfahren und beraten sie zu passenden Anpassungsqualifizierungen bzw. Ausgleichsmaßnahmen.

Um den internationalen Fachkräften das Ankommen in ihrer neuen Heimat zu erleichtern, sollte es Unterstützung im Umgang mit Behörden, Krankenversicherung, Banken, des Wohnraums, Kita- und Schulplätze für Kinder, etc.. geben, z. B. durch Integrationslotsen.

Nicht zuletzt sind wir alle gefragt und gefordert, Fachkräfte und ihre Familien in unsere Gesellschaft zu integrieren und vor ausländerfeindlicher Hetze und Rassismus zu schützen – in Betrieben, auf dem Wohnungsmarkt, in Schulen, in Ausländerbehörden und Stadtverwaltungen und überall im alltäglichen Leben.

Mehr Infos:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/fachkraeftezuwanderung-aus-drittstaaten-nach-deutschland-2018

https://www.boeckler.de/de/magazin-mitbestimmung-2744-vorurteile-sterben-langsam-46862.htm

Künstliche Intelligenz

Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) bezieht sich auf die Entwicklung von Computersystemen und Algorithmen, die in der Lage sind, menschenähnliches Verhalten und intelligentes Handeln zu imitieren oder zu simulieren. Dabei werden Techniken wie maschinelles Lernen, neuronale Netze und statistische Analysen eingesetzt, um aus großen Datenmengen Muster zu erkennen, Vorhersagen zu treffen und Entscheidungen zu treffen.

Im Zusammenhang mit der Fachkräftesicherung spielt Künstliche Intelligenz eine bedeutende Rolle. Unternehmen können KI-Tools und -Algorithmen nutzen, um den Rekrutierungsprozess effizienter zu gestalten und qualifizierte Fachkräfte zu identifizieren. Durch den Einsatz von KI können große Datenmengen analysiert werden, um Muster und Zusammenhänge zu erkennen, die bei der Auswahl von Bewerbern relevant sind. Dies ermöglicht eine objektivere und datenbasierte Entscheidungsfindung, die persönliche Vorurteile und Diskriminierung minimiert.

KI kann auch zur Verbesserung der Mitarbeiterentwicklung eingesetzt werden. Unternehmen können KI-gestützte Lernplattformen einsetzen, um individuelle Lernbedürfnisse zu identifizieren und maßgeschneiderte Schulungsprogramme anzubieten. Durch den Einsatz von KI können Unternehmen die Kompetenzen der Mitarbeiter gezielt fördern und personalisierte Weiterbildungsmaßnahmen anbieten. Dies trägt dazu bei, dass Mitarbeiter ihre Fähigkeiten kontinuierlich verbessern und den Anforderungen der digitalen Arbeitswelt gerecht werden können.

Es ist jedoch wichtig, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Fachkräftesicherung ethischen Grundsätzen folgt. Unternehmen sollten sicherstellen, dass KI-Algorithmen transparent, fair und diskriminierungsfrei arbeiten. Dies bedeutet, dass die Algorithmen auf validen und vielfältigen Daten trainiert werden und nicht auf Vorurteilen oder diskriminierenden Mustern basieren. Zudem sollten Unternehmen sicherstellen, dass die Privatsphäre der Bewerber geschützt wird und die Datenverarbeitung den geltenden Datenschutzbestimmungen entspricht.

Ein weiterer Aspekt ist die angemessene Qualifikation der Mitarbeiter im Umgang mit KI-Technologien. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter in den Grundlagen der Künstlichen Intelligenz schulen, um ein Verständnis für die Anwendungsmöglichkeiten und potenziellen Auswirkungen von KI zu entwickeln. Dies ermöglicht den Mitarbeitern, aktiv am Einsatz von KI teilzunehmen, und unterstützt eine erfolgreiche Integration von KI in die Fachkräftesicherung.

Insgesamt bietet der sinnvolle Einsatz von Künstlicher Intelligenz großes Potenzial zur Stärkung der Fachkräftesicherung. Durch den Einsatz von KI können Unternehmen effizientere und datenbasierte Entscheidungen treffen, Bewerber besser identifizieren und Mitarbeiter gezielt weiterentwickeln. Gleichzeitig ist es von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen ethische Grundsätze einhalten und sicherstellen, dass KI-Systeme transparent, fair und diskriminierungsfrei arbeiten, um das Vertrauen der Bewerber und Mitarbeiter zu gewinnen und ihre Privatsphäre zu schützen.

Mitbestimmung stärken

Betriebsräte und Gewerkschaften sind kompetente Akteure, die nicht erst nachgelagert angehört werden, sondern sich frühzeitig gestaltend für gute Beschäftigungsbedingungen und Qualifizierungs- und Aufstiegschancen einsetzen. In Betrieben mit Betriebsrat werden nachweislich höhere Löhne und Gehälter gezahlt. Außerdem werden mehr Auszubildende eingestellt, die Arbeitsplätze sind sicherer, die Betriebe sind produktiver und innovativer. Gewerkschaften und Betriebsräte gestalten den Wandel der Arbeitswelt aktiv und konstruktiv.

Eine starke Mitbestimmung trägt wesentlich zur Fachkräftegewinnung und –sicherung bei, da die Ursachen des Fachkräftemangels zu einem erheblichen Anteil in schlechten Arbeitsbedingungen (unattraktive Gehälter, ungünstige Arbeitszeiten u.ä.) begründet sind (vgl. WSI-Report Fachkräftemangel in Deutschland?)

Handlungsfelder sind insb.:

·         Aus- und Weiterbildung stärken

·         Bessere, attraktivere Arbeitsbedingungen und weniger Verschleiß am Arbeitsplatz

·         Potenziale junger Eltern einbinden – Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern

·         Potenziale älterer Beschäftigter (bis 64 Jahre) einbinden – Förderung alternsgerechter Maßnahmen und Gesundheitsprävention

·         Faire Migration aus der EU und aus Drittstaaten ermöglichen

Mehr Infos:

Ahlers, Elke; Quispe Villalobos, Valeria: Fachkräftemangel in Deutschland? WSI Report, Düsseldorf, https://www.boeckler.de/fpdf/HBS-008345/p_wsi_report_76_2022.pdf;

Betriebliche Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert. Gesetzentwurf für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz, https://www.dgb.de/themen/++co++02729430-b4bf-11ec-9dbe-001a4a160123

Mobile Arbeit

Im Zuge der aktuellen Digitalisierungswelle ist insbesondere seit Corona mobile Arbeit in aller Munde. Attraktiv erscheint diese Arbeitsform, da sie sowohl aus Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmersicht Chancen bietet. Angesichts des steigenden Interesses an mobiler Arbeit, aber unzureichender rechtlicher Rahmenbedingungen, erfordert Gute Arbeit, mehr denn je, gute betriebliche Regelungen.

Unter mobiler Arbeit werden derzeit sehr unterschiedliche Formen von Arbeit verstanden. Und genau hier nimmt das Dilemma seinen Lauf: Begriffsbestimmungen unterscheiden sich teilweise stark von dem, was unter mobiler Arbeit häufig vor der Corona-Pandemie verstanden wurde: Mobile Arbeit – oder auch häufig als Home-Office genannt – war die Möglichkeit, unregelmäßig, sporadisch, dann und wann von zu Hause zu arbeiten, während der persönlich zugeordnete Arbeitsplatz unverändert im Betrieb bestehen blieb.

Heute werden unter der Überschrift „mobile Arbeit“ Regelungen getroffen, bei denen Beschäftigte bis zu 100% ihrer Arbeitsleistung zu Hause bzw. außerhalb des Betriebes oder der Dienststelle erbringen. Immer mehr Arbeitgeber nutzen den Umstand der unbesetzten betrieblichen Arbeitsplätze, mit dem Ziel der Kostenersparnis durch die nicht mehr nötige Anmietung von Räumlichkeiten, das heißt, es werden Büroarbeitsplätze abgebaut. Eingeführt wird sogenanntes „Desk-Sharing“, was bedeutet, dass nicht mehr für alle Beschäftigte ein Bildschirmarbeitsplatz im Betrieb bzw. der Dienststelle zur Verfügung steht und Arbeitsplätze geteilt werden müssen

Es gibt mittlerweile einerseits verschiedene Studien und Erhebungen, die zeigen, dass die Mehrheit der Beschäftigten, die in der Pandemiezeit bereits im sogenannten Homeoffice gearbeitet haben, auch in Zukunft orts- und zeitflexibel arbeiten wollen. Die Erfahrungen aus zwei Jahren Pandemie zeigen allerdings andererseits, dass es auch zahlreiche Probleme, Hürden, negative Folgen oder Herausforderungen für Beschäftigte bei mobiler Arbeit bzw. im Homeoffice gibt, die eine weitergehende Regelung dringend erfordern.

Probleme und Herausforderungen in Zusammenhang mit mobiler Arbeit sind gerade dann besonders belastend, schwerwiegend und im Zweifel krankmachend, wenn sie eben keine kurzfristige oder seltene Ausnahmesituation darstellen, sondern (im Anschluss an die Pandemie) dauerhaft und allgegenwärtig den normalen Zustand für Beschäftigte kennzeichnen. Die Antwort auf die oben genannten Herausforderungen ist nicht die Abschaffung von mobiler Arbeit, sondern entsprechende Initiativen und Regelungen zur gesunden Gestaltung derselben. Dazu gehört:

o   Recht auf selbstbestimmtes mobiles Arbeiten

o   Arbeitszeiterfassung

o   Einhaltung der Arbeitszeitgrenzen

o   Stärkung der Nicht- Erreichbarkeit

o   Arbeits- und Gesundheitsschutz

o   Datenschutz

o   Stärkung der Mitbestimmungsrechte

o   Arbeitsausstattung verbessern

o   Vereinbarkeit muss gefördert werden

Mehr Infos:

DGB-Index Gute Arbeit: Report 2020 “Mehr Home Office – Mobile Arbeit in Deutschland”

https://www.boeckler.de/de/auf-einen-blick-17945-Auf-einen-Blick-Studien-zu-Homeoffice-und-mobiler-Arbeit-28040.htm

Positionspapier Mobiles Arbeiten und Homeoffice

https://www.dgb.de/themen/++co++e81126d8-3346-11eb-9291-001a4a16011a

Minijobs

Minijobber*innen sind ein nicht gehobenes Fachkräftepotential

Minijobs sind geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse. Sie werden mehrheitlich von Frauen ausgeübt, vielfach als Hauptbeschäftigung.

Die Verdienstobergrenze wird seit Oktober 2022 am Mindestlohn orientiert und dynamisch angepasst. Ab Januar 2024 beträgt sie 538 Euro pro Monat oder 6.456 Euro im Jahr.

In einem Minijob zahlen Beschäftigte weder Sozialversicherungsbeiträge noch Steuern, der Arbeitgeber zahlt einen Pauschalbetrag. Dadurch entfallen Leistungsansprüche in den einzelnen Sozialversicherungszweigen.

Ersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld, von denen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte z.B. in der Coronakrise profitierten, gibt es für Minijobber*innen nicht. Denn

Minijobs sind ungeschützt

Dennoch sind Minijobs eine feste Größe am Arbeitsmarkt. In Rheinland-Pfalz ist dies besonders ausgeprägt, denn hier ist mehr als jedes siebte Beschäftigungsverhältnis ein Minijob im Haupterwerb.

Betroffen davon ist die Kerngruppe der Erwerbsfähigen. Denn jede*r zweite Minijobber*in in Rheinland-Pfalz ist zwischen 25 und 65 Jahre alt. 

Verteilung der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten am Wohnort, nach Altersgruppen | Daten der BA | Stichtag 30. Juni 2022 | eigene DarstellungDGB RPSL

Minijobs, also ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigung, konzentrieren sich also nicht auf diejenigen, für die eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ohnehin nur geringe Vorteile bringen würde, wie Schüler*innen, Student*innen und Rentner*innen. Vielmehr sind diese prekären Beschäftigungsverhältnisse mehrheitlich bei Menschen im erwerbsfähigen Alter zu finden. Dies hat zur Konsequenz, dass ein erheblicher Teil von (möglicher) Arbeitskraft nicht genutzt wird bzw. verloren geht.

Wer Fachkräftemangel beklagt, sollte also erstmal die Arbeitszeit-Potentiale bei den Minijobber*innen heben.

Bei den Minijobs geht jedoch nicht nur quantitativ Arbeitszeitvolumen verloren. Auch qualitativ liegen hier Ressourcen brach und gehen oftmals sogar verloren.

Denn die Mehrheit der Minijobber*innen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland hat zwar einen qualifizierten Berufsabschluss, arbeitet aber mehrheitlich unterhalb des eigenen Qualifikationsniveaus.

Minijobs entwerten Berufsabschlüsse und Qualifikationen.

Minijobs bieten meist auch kein Sprungbrett in eine reguläre Beschäftigung. Im Gegenteil, sie haben einen „Klebeeffekt“: Die Betroffenen hängen lange in dem prekären Arbeitsverhältnis fest.  Deshalb führen Minijobs zu einem De-Qualifizierungsprozess mit zahlreichen negativen Folgen für die Beschäftigten selbst, für den Arbeitsmarkt und für die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt.

Das Arbeitspotential der Minijobber*innen wird nicht ausreichend erschlossen, Qualifikationen liegen brach oder gehen verloren. Betroffen davon ist die Kerngruppe der erwerbsfähigen Bevölkerung. Nicht nur in Zeiten von Fachkräfteengpässen ist das keine hinzunehmende Situation.

Minijobber*innen sind ein nicht gehobenes Fachkräftepotential

Wer ist besonders betroffen?

  • Frauen, denn sie stellen über 60 Prozent der Minijobber*innen.
  • Menschen in Betrieben mit 1 bis 49 Beschäftigten. Das sind über 96 Prozent aller Betriebe in Rheinland-Pfalz. Dort ist über ein Drittel der Beschäftigungsverhältnisse ein geringfügig entlohnter Minijob.
  • In vielen Branchen, die Fachkräfteengpässe haben, gibt es auch viele Minijobs: Im Einzelhandel, in der Gastronomie und im Reinigungsgewerbe.


Wer über Fachkräftemangel klagt, sollte also im eigenen Betrieb anfangen und die Potentiale bei den Minijobber*innen heben.

 

Der DGB appelliert an die Betriebe im Land und fordert sie auf, die Minijobfalle aufzuklappen, indem sie

  • Minijobber*innen als Fachkräfte begreifen
  • Stundenaufstockungen in jedem Einzelfall prüfen und
  • Rahmenbedingungen dafür schaffen auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anstatt auf Minijobs setzen.
     

Der DGB fordert von der Politik:

  • eine echte Minijobreform und die Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro. Dabei sollen die Beiträge zunächst nur vom Arbeitgeber zu zahlen sein. Für die Beschäftigten sollen sie schrittweise ansteigen, bis hin zur Parität. Dieses Gleitzonenmodell gibt es bereits für geringe Einkommen oberhalb der Verdienstgrenze von Minijobs – es muss also nur der Einstieg ausgeweitet werden.
  • Parallel dazu fordert der DGB die Abschaffung der Steuerklasse V und die Überwindung des Ehegattensplittings. Dadurch wird die Minijobfalle „aufgeklappt“ und die Arbeitszeit kann der sich verändernden familiären Situation angepasst werden, ohne dass dadurch das Familieneinkommen negativ beeinflusst wird.
Ordnungspolitik

Bei der Entscheidung für einen Beruf spielen viele Dinge eine Rolle. Auch die Frage, ob der Beruf in fünf, zehn oder zwanzig Jahren noch gebraucht wird. Gerade in der Industrie, aber auch in vielen Dienstleistungsberufen drohen massive Umbrüche durch den Ausstieg aus fossilen Rohstoffen und die Digitalisierung. Diese Umbrüche müssen gestaltet werden.

Dafür ist eine proaktive Strukturpolitik nötig, um nachhaltige und ökonomisch tragfähige Perspektiven für betroffene Unternehmen und Beschäftigte in den betroffenen Regionen zu schaffen. Ziel einer strategischen Industrie- und Dienstleistungspolitik muss es sein, zukunftsfähige, tarifgebundene und mitbestimmte Beschäftigung zu erhalten und zu schaffen. Wenn die Zukunftsaussichten klar sind, werden Berufe auch wieder attraktiver!

Proaktive Strukturpolitik bedeutet, dass der Staat den Wandel aktiv und von sich aus gestaltet – und nicht darauf vertraut, dass Angebot und Nachfrage regelt. Der Markt allein hat es nie „gerichtet“, er wird auch die kommenden Herausforderungen nicht bewältigen. Beim klimaneutralen und digitalen Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft brauchen wir einen starken handlungsfähigen Staat. Er fördert Innovationen, gibt der Wirtschaft strategische Impulse, übernimmt Verantwortung und gibt einen Rahmen für den Wandel vor.

Organisationsentwicklung

Organisationsentwicklung: Was ist es, was nicht und wie geht es?
Organisationsentwicklung beinhaltet ein ganzheitliches Verständnis, bei dem die Organisation als System verstanden wird. Ein System bzw. die Menschen in diesem System, haben eigene System-Regeln, eine eigene Sprache, Merkmale, Verhaltensweisen, Aufgaben, Ziele. So grenzen sie sich von anderen Systemen ab. Innerhalb eines Systems gibt es Subsysteme, die sich jeweils von anderen Subsystemen abgrenzen und unterscheiden. In Unternehmen sind dies häufig Teams oder Abteilungen.

Gerade in der heutigen Zeit unterliegen viele Organisationen und Unternehmen einem stetigen Wandel. Reorganisationen, Verlagerungen, neue Systeme und Maschinen, die Notwendigkeit neuer Produkte, Verpackungen, Materialien oder Stoffe stellen Organisationen, Unternehmen und deren Beschäftigten vor die Herausforderung in immer kürzeren Abständen Veränderungsprozesse meistern zu müssen.

Organisationsentwicklung kann dabei unterstützen die richtigen Strategien in Bezug auf den Veränderungsdruck zu treffen und begleitet gleichzeitig die Menschen in der Organisation bei der Veränderung. Hieraus kann ein Werte- und Kulturwandel entstehen.

Organisationsentwicklung vs. Personalentwicklung
Die Organisationsentwicklung und die Personalentwicklung bedingen sich gegenseitig und gehen meist fließend ineinander über.

Bei der  Personalentwicklung steht die Weiterbildung und Förderung von Beschäftigten innerhalb ihres beruflichen Kontext im Vordergrund. Hierbei geht es insbesondere darum, durch Mitarbeitergespräche und oder Zielvereinbarungen einen Qualifizierungsbedarf zu ermitteln, Perspektiven gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu entwickeln und Möglichkeiten der Qualifizierung zu identifizieren. Zur Personalentwicklung gehört ebenso auch die Führungskräfteentwicklung, bei der die Führungskräfte unterstützt und befähigt werden ihre Rolle und Aufgaben als Vorgesetzt bestmöglich auszufüllen. Ziel der Personalentwicklung ist es, Fachkräfte zu gewinnen, zu binden und dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeitenden die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten besitzen.

Veränderungsprozesse ergeben häufig einen enormen Qualifizierungsbedarf, die Organisationsentwicklung unterstützt dabei, dass Beschäftigte die Notwendigkeit für die Veränderung und den damit verbundenen Qualifizierungsbedarf verstehen, akzeptieren und bestenfalls als Chance für sich erkenne.

Organisationsentwicklung vs. Change Management
Sowohl die Organisationsentwicklung, als auch das Change Management haben Veränderungsprozesse innerhalb eines Unternehmens zum Gegenstand. Change Management ist ein Teil der Organisationsentwicklung. Es geht hierbei um einen zielgerichteten und zeitlich begrenzten Veränderungsprozess, der häufig nur Teile der Organisation in den Fokus stellt. Change Management ist sozusagen ein Teilprojekt der gesamten Organisationsentwicklung.

Ein OE-Prozess beginnt in aller Regel mit der Auftragsklärung, hierbei werden mit entsprechenden Fragestellungen Ziele entwickelt und der konkrete Auftrag der Organisationsentwickler definiert. Die Organisationsentwicklung bezieht nun sämtliche Akteure, Wissensträger, Stakeholder mit ein, um ein möglichst vielschichtiges Bild mit unterschiedlichen Perspektiven zu bekommen. Hieraus lassen sich unterschiedliche Konzepte mit verschiedensten Methoden und Instrumenten zusammenstellen, die in Folge umgesetzt werden. Von besondere Wichtigkeit sind regelmäßige Rückkoppelungsschleifen, vor allem mit dem Auftraggeber, um zu überprüfen, ob die anfangs festgelegten Zielsetzung noch relevant sind. Organisationsentwicklung ist vor allem prozessorientiert: Ziele, Vorgaben, Anforderungen, Rahmenbedingungen können sich zwischenzeitlich verändern, daher ist ständiges nachsteuern und anpassen ein wichtiger Teil der Vorgehensweise.

Bei der Organisationentwicklung stehen vor allem die Menschen im Mittelpunkt. Grundverständnis ist die Entwicklung von innen heraus anzustoßen, anstatt von oben oder der Seite vorzugeben. Organisationsentwicklung unterstützt und hilft dem System und den Menschen darin, sich selbst zu helfen und sich zu bewegen. In der Organisationsentwicklung hat jedes Individuum seine Rolle und seine bestimmte Aufgabe. So werden auch Veränderungskritiker als wichtige Akteure angesehen. Häufig geben diese im Vorfeld wichtige Hinweise, die im Sinne einer Risikoanalyse kritisch betrachtet werden sollten.

Der Betriebsrat ist für die Organisationsentwicklung ein wichtiger und sogar unerlässlicher Partner. Als Interessenvertretung besitzt der Betriebsrat wichtiges Wissen über die Kultur und das Wertesystem der Organisation. Dies gilt es zu verstehen und zu respektieren. Des Weiteren ist der Betriebsrat Vertrauensträger, die Mitglieder können zur Kommunikation und Verständnis beitragen. Organisationsentwicklung ohne Beteiligung des Betriebsrates ist zum Scheitern verurteilt.

Mehr Infos:

https://www.boeckler.de/fpdf/HBS-008224/p_study_hbs_468.pdf

Personalplanung

Fachkräftemangel, demografischer Wandel, eine beschleunigte Digitalisierung und veränderte Anforderungen an die Qualifizierung von Beschäftigten – diese und noch einige weitere Faktoren machen es für viele Betriebe und Dienststellen zur Herausforderung, Beschäftigte in ausreichender Zahl und mit der passenden Qualifizierung zu finden und zu halten. Umso wichtiger ist es für Betriebe und Dienststellen, mit der Ressource Personal sorgsam umzugehen und strategisch zu planen.

Unter Personalplanung soll im Sinne eines weiten Verständnisses, das dem Mitwirkungsrecht von Betriebs- und Personalräten zu Grunde liegt, jede Planung verstanden werden, die sich auf den gegenwärtigen und zukünftigen Personalbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht bezieht. Dazu zählen auch die Planung der Personalbeschaffung, des Personaleinsatzes sowie der Personalentwicklung.

Zum „Wie“ der Personalplanung stehen zahlreiche Methoden und Instrumente wie bspw. Kennzahlensysteme, Altersstrukturanalysen bis hin zu Leitlinien und Vorgaben im Öffentlichen Dienst zur Verfügung.

Die Personalplanung dient nicht nur rein wirtschaftlichen Interessen und dem Erreichen der Unternehmensziele, sondern auch den Interessen der Beschäftigten. Für Beschäftigte stehen dabei bspw. die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten, die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben sowie gute Arbeitsbedingungen im Vordergrund. Dementsprechend relevant ist Personalplanung auch für Betriebs- und Personalräte.

Dennoch stehen viele Interessenvertretungen vor der Herausforderung, bei diesem Thema den sprichwörtlichen Fuß in die Tür zu bekommen. Sowohl BetrVG als auch BPersVG / LPersVG RLP ?? sehen bei der Personalplanung keine Mitbestimmungs-, sondern Informations- und Beteiligungsrechte vor.

Zum einen hat der Arbeitgeber den Betriebsrat gemäß § 92 (1) BetrVG über die Personalplanung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Dies betrifft insbesondere:

·         den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf

·         sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen einschließlich der geplanten Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und Maßnahmen der Berufsbildung.

Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten.

Auch die Methoden der Personalplanung die Methoden der Personalplanung sowie organisatorischen und technische Hilfsmittel unterliegen nicht der Mitbestimmung. Dennoch soll in diesem Zusammenhang auf die Mitbestimmung bei Ausschreibungen (§ 93 BetrVG), Personalfragebögen und Beurteilungsgrundsätzen (§ 94 BetrVG), Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG) sowie bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung (§ 98 BetrVG) verwiesen werden.

 

Der Betriebsrat kann jedoch mehr tun als auf die Aktivitäten des Arbeitgebers zu reagieren.

§ 92 (2) BetrVG gibt dem Betriebsrat das Recht, dem Arbeitgeber Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihre Durchführung machen.

Zudem kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber gemäß § 92a BetrVG (1) Vorschläge zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung machen, die in engem Zusammenhang mit der Personalplanung stehen. Dies können insbesondere sein:

·         können insbesondere eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit,

·         die Förderung von Teilzeitarbeit und Altersteilzeit,

·         neue Formen der Arbeitsorganisation,

·          Änderungen der Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen,

·         die Qualifizierung der Arbeitnehmer,

·         Alternativen zur Ausgliederung von Arbeit oder ihrer Vergabe an andere Unternehmen sowie zum Produktions- und Investitionsprogramm.

Diese Vorschläge hat der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat zu beraten. Hält der Arbeitgeber die Vorschläge für ungeeignet, hat er dies zu begründen; in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern erfolgt die Begründung schriftlich. Zu den Beratungen können sowohl Arbeitgeber als auch Betriebsrat einen Vertreter der Bundesagentur für Arbeit hinzuziehen.

Möglich sind zudem freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG bspw. zur Regelung der Mitwirkung des Betriebsrats bei der Personalplanung sowie über Maßnahmen der Personalplanung und die anzustrebenden Ziele. (vgl. Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG § 92 Rn. 21; 36-38)

Qualifizierung und neue Berufswege

Wer Transformation sagt, muss Qualifizierung wollen

Wer Transformation sagt, muss auch Qualifizierung sagen.

Bei der Transformation fallen uns in der Regel sofort die drei großen D ein: Digitalisierung, Dekarbonisierung und der demografische Wandel.

Klar ist: Digitale Veränderungsprozesse verändern wie wir arbeiten. Das ist längst im vollen Gange und wird sicherlich mit Blick auf die Entwicklungen bei „Künstlicher Intelligenz“ noch verstärkt werden.

Auch das Thema Dekarbonisierung ist längst im betrieblichen Alltag angekommen. Schadstoffarm zu produzieren ist nicht nur en vogue, sondern notwendig. Viele Betriebe haben das längst begriffen und stellen die entsprechen Produktionsprozesse, -anlagen, Produkte und Materialien um.

Das bedeutet natürlich auch, dass sich die Anforderungen an das Know How der Beschäftigten verändert und dass es manche Arbeitsplätze so nicht mehr geben wird wie bisher. Neue Jobs entstehen, neue berufliche Qualifizierungen müssen her oder vorhandenes Know How muss angepasst werden. Ohne Qualifizierung, nicht nur in Schule, Ausbildung oder Studium, sondern auch betriebliche Qualifizierung parallel zum Job sind das Gebot der Stunde.

Der demografische Wandel wirkt hierauf ebenfalls ein. Geburtenstarke Jahrgänge treten aktuell vermehrt in den Ruhestand bzw. die passive Phase der Altersteilzeit ein, ohne dass quantitativ genügend Fachkräfte nachkommen. Damit fehlen nicht nur Fachkräfte sondern auch Know How auf dem Arbeitsmarkt, das gebraucht wird. Die Strategie so mancher Arbeitgeber, wenn wir Know How brauchen, finden wir das schon irgendwie auf dem Arbeitsmarkt, geht daher so nicht mehr auf.

Ohne betriebliche Qualifizierung und gute Ausbildung wird es nicht funktionieren das Know How zu erhalten bzw. zu schaffen, das gebraucht wird, um Transformationsprozessen zu begegnen.

Bestehende Geschäftsmodelle, Strukturen und Prozesse von Unternehmen werden hierdurch aktuell in Frage gestellt, wobei die langfristigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz noch nicht in Gänze abgeschätzt werden können.

Es ist offensichtlich, dass die Transformation viele Arbeitsplätze verändern oder gar gefährden wird. In wirtschaftlichen Szenarioanalysen werden in diesem Zusammengang sowohl ein deutlicher Trend zur Höherqualifizierung als auch starke Änderungen im mittleren Qualifikationsbereich erwartet.

Diese Szenarien sind keine Zukunftsmusik mehr. Sie sind jetzt Realität. Jetzt müssen die Weichen gestellt werden, Transformation durch Qualifizierung zu gestalten. Beschäftigte, Arbeitgeber, Betriebsräte und Tarifpartner müssen daher Hand in Hand arbeiten: Alle stehen in der Verantwortung zu handeln.

Beschäftigte müssen bereit sein, sich stetig weiterzuentwickeln. Arbeitgeber müssen hierzu aber auch die Möglichkeiten und Chancen bieten.

Eine qualifizierte betriebliche Analyse, in denen Qualifizierungsbedarfe und Personalentwicklung im Kontext der Transformation erörtert wird, ist dabei der erste richtige Schritt.

Die TBS gGmbH Rheinland-Pfalz hat sich darauf spezialisiert die betriebliche Qualifizierung anzustoßen und zu begleiten. Sie berät arbeitnehmerorientiert zu allen Fragen betrieblicher Qualifizierung und Weiterbildung.  Die Analyse des Qualifizierungsbedarfs und daraus resultierend die Darstellung geeigneter Qualifizierungs- und Weiterbildungselemente erarbeitet die TBS dabei gemeinsam mit allen relevanten Akteuren im Betrieb: Betriebsrat, Arbeitgeber, Beschäftigte, Führungskräfte etc.

Weiterhin verfüget die TBS über einen umfassenden Überblick über staatliche Fördermöglichkeiten – sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene –, die genau solche Qualifizierungsmaßnahmen fördern oder sogar umfänglich finanzieren.  Denn am Geld muss Qualifizierung nicht scheitern. Neben der inhaltlichen Aufbereitung geeigneter Maßnahmen, bietet die TBS daher auch an, die passende Finanzierung für die betrieblichen Weiterbildungen aufzuzeigen.

Auch bietet die TBS an, passende Schulungsmodule und oder Schulungsträger für vorhandene Qualifizierungsbedarfe im Unternehmen zu recherchieren.

Unser Ziel ist dadurch letztlich die Sicherung der Beschäftigung durch Qualifizierung.

Qualität der Ausbildung

Ausbildungsgarantie – Ohne Wenn und Aber

die Bundesregierung hat mit dem Gesetzes zur „Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ den Weg für eine gesetzliche Ausbildungsgarantie frei gemacht. Das ist ein wichtiger Schritt in doppelter Hinsicht: Einerseits für viele junge Menschen, die aktuell auf dem Ausbildungsmarkt leer ausgehen. Ihnen wird endlich eine Perspektive auf einen vollqualifizierenden Berufsabschluss geschaffen. Andererseits kann die gesetzliche Ausbildungsgarantie ein starker Hebel gegen den drohenden Fachkräftemangel werden und erheblich dazu beitragen, die Herausforderungen der Transformation unserer Wirtschaft zu meistern.

Gleichzeitig macht uns jedoch die regionale Beschränkung des gesetzlichen Anspruchs auf unterversorgte Regionen Sorgen: Denn auch in Regionen, die nicht als unterversorgt gelten, finden junge Menschen keinen Ausbildungsplatz. Ein Überangebot an Ausbildungsplätzen heißt nicht, dass insbesondere Menschen ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss einen Ausbildungsplatz bekommen. Die Indikatoren müssen so ausgestaltet werden, dass niemand aufgrund des eigenen Wohnorts durch das neugespannte Auffangnetz fällt. Denn ein Auffangnetz, wie es die außerbetriebliche Ausbildung für diejenigen ohne betrieblichen Ausbildungsplatz sein kann, darf nicht löchrig sein. Die Maschen müssen so eng gestrickt sein, dass niemand hindurch fällt – ohne Wenn und Aber!

Doch nicht nur das: Eine echte Ausbildungsgarantie muss die Ausbildung vor allem auch dort stärken, wo sie hingehört: im Betrieb. Hier findet sich aktuell die größte Leerstelle im Gesetzentwurf zur Ausbildungsgarantie. Der Bundestag muss hier dafür sorgen, dass die Bundesregierung nicht hinter die Verabredungen im Koalitionsvertrags zurückfällt. Dort ist u.a. eine Stärkung der Verbundausbildung vorgesehen und es werden tarifvertraglich vereinbarte Ausgleichsfonds als wichtige Impulse begrüßt, um wieder mehr betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Der Gesetzgeber sollte sie entsprechend anreizen und fördern. Das geeignetste Mittel, um die betriebliche Ausbildung zu stärken, bleibt jedoch ein Zukunftsfonds. Aus diesem werden die Kosten der Ausbildung solidarisch von allen Unternehmen finanziert.

Mehr Infos:

https://www.bremen-innovativ.de/wp-content/uploads/2022/06/2022-06-08-Abschlussbericht-Expertenkommission-Ausbildungsfoerderungsfonds.pdf

Rente

Renten sind das Spiegelbild der eigenen Erwerbsbiografie. Arbeitnehmer*innen müssen sich nach ihrem Erwerbsleben auf eine gute Rente im Alter oder bei Erwerbsminderung verlassen können. Die Höhe der Rente muss für das gewohnte Leben und die aktuelle Wohnung reichen. Für eine gute Rente braucht es demnach eine hohe Erwerbsbeteiligung, gute Entgelte, gesunde Arbeitsbedingungen und sichere Übergänge vom Erwerbsleben in die Rente. Die demografischen Veränderungen stellen für die Finanzierung der Alterssicherung eine erhebliche Herausforderung dar, die jedoch politisch gestaltbar ist. Nicht das Verhältnis zwischen Jung und Alt ist entscheidend, sondern das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben.

Fakten:

-          DGB Rentenreport Rheinland-Pfalz

-          DGB Faktenblätter zum Thema Rente

-          Bericht zur Rentenpolitik


Gesetzliche Rente stärken!

·         Stabilisierung und Erhöhung des Rentenniveaus auf mindestens 50 Prozent

·         Steuerfinanzierter Bundeszuschuss muss steigen

·         Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung. Im ersten Schritt sind die Selbstständigen einzubeziehen.

·         Keine Erhöhung des Renteneintrittsalters

·         Der solidarische Ausgleich muss gestärkt werden. Niedriger Lohn, Arbeitslosigkeit, Kindererziehung, Pflege oder Bildung dürfen keine Löcher in die Rente reißen.

Mehr Infos:

https://www.dgb.de/rente#!/Start

https://www.dgb.de/themen/++co++5c26fb50-701b-11ea-8f86-52540088cada

https://www.boeckler.de/de/rentenversicherung-altersvorsorge.htm

https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Ueber-uns-und-Presse/Mediathek/Broschueren/broschueren_node.html

Ressourcen nachhaltig nutzen

Nicht zuletzt angesichts der fortschreitenden Verknappung natürlicher Rohstoffe ist Ressourceneffizienz eine Grundvoraussetzung für nachhaltiges Wirtschaften. Maßnahmen zum Umweltschutz – ob im Betrieb oder der Dienstelle – steigern die Ressourceneffizienz und leisten einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Gleichzeitig können Kosten gesenkt und damit Wettbewerbsfähigkeit bzw. Standortsicherheit gestärkt werden.

Weltweit betrachtet waren für das Jahr 2023 bereits am 28. Juli die Rohstoffe verbraucht, die in einem Jahr nachwachsen und regeneriert werden können. Entsprechend wird dieser Tag als Erdüberlastungstag bezeichnet. Bemerkenswert ist, dass diese Bilanz zunehmend ungünstiger ausfällt: Zur Jahrtausendwende lag dieser Tag noch im September, in den 70er Jahren sogar erst im Dezember. Bezogen auf Deutschland stellt sich die Bewertung noch einmal drastischer dar, denn der nationale Überlastungstag liegt aktuell bereits im Mai.

Vor diesem Hintergrund wird schnell offensichtlich, dass ein zukünftiges Wirtschaften insbesondere auf Basis fossiler Ressourcen zulasten der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen geht – sowohl in Bezug auf die dadurch verbrauchten Ressourcen an sich als auch infolge der mit dem Ressourcenverbrauch verursachten Umweltbeeinträchtigung.

Um nicht dem Fehlschluss zu erliegen, grundsätzlich den hohen Industrieanteil, das verarbeitende Gewerbe, das hohe Verkehrsaufkommen oder die Landwirtschaft verantwortlich zu machen, ist vielmehr die Art und Weise unseres Wirtschaftens auf den Prüfstand zu stellen und wahrscheinlich darauf ausstehende Transformationsprozesse zu fokussieren.

Wenn es eine gesamtgesellschaftlich die Herausforderung ist, die Wegwerfgesellschaft zu überwinden, bedeutet es insbesondere in all unseren Arbeitszusammenhängen:

o   den Gebrauch (und nicht Verbrauch) von Ressourcen zu reduzieren (ob an Energie oder Material),

o   geschlossene Energie- und Stoffkreisläufe zu schaffen und zu etablieren,

o   die Entstehung von Abfällen zu minimieren, soweit möglich zu vermeiden und Recycling zu fördern.

Zwar ist die Bundesrepublik was die anbelangte durchaus Zukunft fähig aufgestellt. Konzepte wie recyclinggerechte Produktgestaltung oder Kreislaufwirtschaft (englisch Circular Economy) haben in der theoretischen Behandlung einen durchaus beachtlichen Reifegrad erreicht. Jedoch bleibt in der praktischen Umsetzung Luft nach oben.

Dabei umfasst Nachhaltigkeit in der hier zugrundeliegenden Konzeption sowohl ökologische, ökonomische als auch soziale Aspekte. Im Einzelnen bedeutet dies, das Transformationsprozesse nicht nur aus ökonomischer Sicht, sondern auch aus ökologischer und sozialer Sicht zu bewerten sind. Um dabei einer rein ökonomischen Betrachtung von Herausforderungen und Bewertung von Lösungsvorschlägen zu entkommen, kommt der Mitbestimmung eine wesentliche Bedeutung zu. Als gute Lösungen sind die Transformationsentwürfe zu priorisieren, welche alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen berücksichtigen.

Mehr Infos:

https://www.umweltbundesamt.de/themen/erdueberlastungstag-ressourcen-fuer-2022-verbraucht

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/188665/nachhaltigkeit-und-politische-bildung/

https://www.chemiehoch3.de/nachhaltigkeitsdreieck/

Sprachförderung

Wenn Unternehmen in Deutschland internationale Fach- und Arbeitskräfte beschäftigen, entstehen oft schnell Problematiken, die meist auf die unzureichenden Deutschsprachkenntnisse dieser Gruppe zurückgeführt werden. Diese Problematiken sind sehr vielfältig und multidimensional, es wäre viel zu einfach sie monokausal auf „schlechtes Deutsch“ zu schieben:

•         langsame und unzuverlässige Abstimmungsprozesse zwischen den ausführenden Einheiten (erhöhter Mehr- und Zeitaufwand àFolgen daraus: Überlastung, Stress, Qualitätseinbußen und Frustration bei allen Beteiligten)

•         Missverständnisse, die auf mangelndes Hörverstehen oder beschränkte Ausdrucksfähigkeit zurückgeführt werden

•         erhöhter administrativer Aufwand, Mehrbelastung der Mitarbeiterschaft

·         verminderter Austausch von Wissen und Handlungswissen (allgemein und in spezifischen Situationen)

•         Abstriche bei der Qualität der Produkte oder der Dienstleistungen

•         finanzielle Verluste

•         internationale MA*innen sind und bleiben in ihrer Handlungsfähigkeit begrenzt (Sprachkompetenz und Kommunikationskompetenz als Teil der Handlungskompetenz)

·         Isolation der internationalen Fach- und Arbeitskräfte bleibt aufrecht, Integrationsbemühungen gelingen nicht vollumfänglich

 

Die oftmals als nicht zufriedenstellend angesehene „Sprach- und Kommunikationsproblematik“ bewegt sich oft schnell in Richtung „blame-game“, viele „Beschuldigte“ werden dann schnell defensiv und arbeiten mehr am Konflikt als an der Lösung. Hinzu kommt, dass alle Konflikte und Probleme in diesem Spannungsfeld auf die unzureichenden Sprachkenntnisse geschoben werden, da diese offensichtlich sind und in der alleinigen Verantwortung der internationalen Fach- und Arbeitskräfte liegen.

 

In den seltensten Fällen wird hier die Perspektive der internationalen Fach- und Arbeitskräfte eingenommen. Dadurch ist es nur schwer möglich, die Herausforderungen dieser Gruppe transparent und bewusst zu machen sowie aus der Unternehmensperspektive daraus eigene Aufgaben und Verantwortlichkeiten abzuleiten:

•       Spracherwerbsbiografien und –strategien sind vielfältig

•       Äußere Umstände unterscheiden sich von Fall zu Fall

•       Sprachkompetenz ist viel mehr als nur „vernünftig sprechen/verstehen“

•       vier Dimensionen (Hörverstehen, Leseverstehen, schriftlicher und mündlicher Ausdruck)

•       soziolinguistische Kompetenz

•       sprachlogische Kompetenz

•       sprachstrategische Kompetenz

•       oft wenig zeitliche Kapazitäten, begrenzte finanzielle Möglichkeiten

•       Vorstellungen und Erwartungen aller am Prozess Beteiligten divergieren und sind oft nicht offen einsehbar

•       Repetitive Kommunikationssituationen schaffen Eindimensionalität und führen zu erlernten Fehlermustern und verstellen den Weg hin zur spontanen Sprachverwendung

•       Kommunikationssituationen sind z.T. hochfrequent und überschneiden sich

•       Häufige Registerwechsel (inkl. Dialekt) stellen Lernende vor große Herausforderungen

•       Transitphase zwischen bewusster und unbewusster Kompetenz (bzw. noch zwischen bewusster Inkompetenz und bewusster Kompetenz) kann viel Zeit in Anspruch nehmen

•       Steuerung der Art der Ansprache variiert je nach Gesprächspartner*in

•       Oft gibt es fehlende Vorstellungsinhalte für Objekte, Prozesse, Situationen und Folgen, es existieren keine/falsche „Bilder im Kopf“

•       Allgemein hohes Stressniveau

•       Interkulturelle Aspekte à „Warum fragen sie nicht einfach?“

•       Nicht ausreichendes konstruktives Feedback auf sprachlicher Ebene

 

Jede internationale Fach- und Arbeitskraft hat ein individuelles Set aus Faktoren, die den allgemeinen und spezifischen Spracherwerb erschweren. Jede internationale Fach- und Arbeitskraft hat aber auch ein individuelles Set aus Kompetenzen und Ressourcen, die für das Individuum und für das jeweilige soziale Umfeld konstruktiv aktiviert und eingesetzt werden können. Sowohl den Lernenden als auch den Betrieben nur allgemeine Unterstützungsstrukturen an die Seite zu stellen, greift dann zu kurz und führt in den seltensten Fällen zu Erfolgen. Wenn es gelingt gemeinsam (über-)betrieblich ein aktivierendes und wertschätzendes Umfeld zu schaffen, können die Sprach- und Kommunikationslücken von beiden Seiten mit dem Schiebetürprinzip geschlossen werden. Hierfür braucht es aber einen recht präzisen Blick auf das kommunikative Anforderungsprofil des Betriebs und auf die Ressourcen der internationalen Fach- und Arbeitskräfte.

Transformation

Die Transformation mit den drei Kernelementen „Dekarbonisierung“, „Digitalisierung“ und „demografischer Wandel“ fordert die Industrie an zentralen Stellen ihres bisherigen Selbstverständnisses. Für alle drei Herausforderungen benötigen die Unternehmen gut ausgebildete, zukunftsfeste Fachkräfte. Angesichts des demografischen Wandels kommt es bereits heute zu einem vermehrten Kampf um die besten Köpfe, und dies keineswegs nur in den Spitzenpositionen. Der vielfach zurecht kritisierte neoklassische Wirtschaftsbegriff mit seinen grundlegenden Produktionsfaktoren „Kapital“ und „Arbeit“ krankt mittlerweile nicht mehr nur an den unzureichenden und nicht ganzheitlichen Modellannahmen sowie der vollständigen Ökonomisierung des Menschen. Die Annahme der de facto – Unerschöpflichkeit des Faktors Arbeit ist in der sich transformierenden Industrie nicht mehr gegeben. Daher muss sich Staat, Industrie und die Belegschaften auf die Zeiten der neuen Herausforderungen einstellen und entsprechende Strukturen zur Zukunftsfähigkeit der Industriearbeit in einer sich transformierenden Welt schaffen.

Zugang zu Ausbildung – Kooperationen mit Schulen stärken – Ausbildungsbetriebe zukunftssicher aufstellen:

Der Zugang und die Attraktivität von (nicht-universitären) Fachausbildungen muss deutlich gestärkt werden. Hierzu sind langfristig angelegte Kooperationen mit Schulen hilfreich, bei denen der Betrieb und auch etwaige Arbeitsinhalte mit den Schulinhalten verbunden werden. Zur Ausbildungsfähigkeit muss die öffentliche Hand in Form von guter Erreichbarkeit auch von entlegenen Gewerbegebieten mittels ÖPNV beitragen.

Ausbildung und internationale Abschlüsse:

Zum Gelingen der Transformation müssen Ausbildungsinhalte modernisiert, Ausbildungszugänge vereinfacht, Anerkennung internationaler Abschlüsse entbürokratisiert und Weiterbildungsangebote niedrigschwellig und bedarfsgerecht angeboten werden.

Qualifizierung und Weiterbildungsförderung:

Staatliche Unterstützung für Unternehmen und Beschäftigte zum Kompetenzausbau und –erhalt sollten einfach und unbürokratisch zugänglich sein und müssen sich an den tatsächlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen in den Betrieben orientieren.

Tarifliche Handlungsspielräume:

Betriebsparteien und Sozialpartner können gemeinsam für ein Gelingen der Transformation in den Betrieben und Branchen werben und für gute Arbeitsbedingungen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Lust auf Zukunftsgestaltung durch anspruchsvolle, gut bezahlte und sinnstiftende Arbeit werben. Zukunfts- und Transformationstarifverträge können flächendeckend Rahmen hierfür bieten.

Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung:

Nicht nur das „Wie“ und „Durch wen“ muss in die erzwingbare Mitbestimmung, sondern auch das „Ob“ der Qualifizierung als zentrale Voraussetzung von Transformationsanpassung sollte im BetrVG gestärkt werden und somit die Betriebsräte auch in die Lage versetzen, aktiv zu werden - im Zweifel gegen Beharrungskräfte in der Unternehmensleitung.

 

Mehr Infos:

Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation (https://www.wsi.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-008599) WSI Policy Brief, Düsseldorf
Musashi: Zukunft durch Widerstand; herausgegeben durch: IG Metall Bezirk Mitte und IG Metall Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Frankfurt, Hannover
(https://www.igmetall-bezirk-mitte.de/betrieb/musashi-zukunft-durch-widerstand)

Zeiterfassung

Eine ausgewogene Work-Life Balance ist wichtig. Nicht nur für persönliches Wohlbefinden, für Zeit mit unseren Liebsten oder auch einfach mal Zeit für uns – sondern auch für unsere Gesundheit. Und wenn Privates und Beruf ausgewogen gestaltet ist, dann ist das nicht nur im Privaten, sondern auch im Job von Vorteil. Denn Motivation, Leistung und Arbeitsergebnisse werden von einer gesunden Work-Life-Balance positiver beeinflusst, als von zeitintensivem Dauerstress.

Damit die Zeit nicht aus dem Ruder läuft, muss sie erfasst werden. Davon profitieren letztlich also alle. Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Obwohl das so ist, wird Zeiterfassung von einigen als lästig empfunden: Bürokratisch oder aufwendig. Dabei schützt sie uns nicht nur, sie macht uns auch vieles deutlich, was wir sonst vielleicht gar nicht bemerken würden.

Hier mal ein paar Überstunden, da mal E-Mails gecheckt oder ans Telefon gegangen: Wie viel sich hier ansammelt, merken wir oft erst dann, wenn wir es erfasst und somit schwarz auf weiß vor uns haben.

Und oft merken wir auch erst dann, dass vielleicht sogar nicht einmal mehr das Arbeitszeitgesetz eingehalten wird: Halten wir unsere Ruhezeiten von 11 Stunden zwischen den Arbeitstagen ein? Werden Höchstarbeitszeiten eingehalten? Werden Regelungen zu Sonntagsarbeit eingehalten? Manchmal macht uns die Erfassung klar, dass wir hier noch besser auf uns achten müssen. Oder aber, dass es schwarze Schafe bei Arbeitgebern gibt, die Zeiten verlangen, die gesetzlich gar nicht erlaubt sind.

Das BAG-Grundsatzurteil (Az.: 1ABR 22/21) vom 13.09.2022 bringt hierbei neue Fahrt in die Debatte rund um das Thema Arbeitszeiterfassung. Es stellt klar, dass hierzulande bereits heute eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht und begründet dies mit der europarechtskonformen Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz. Die darin beschriebenen arbeitsschutzrechtlichen Organisationspflichten des Arbeitgebers beinhalten eine Verpflichtung zur Einführung einer systematischen Arbeitszeiterfassung, deutet das höchste Arbeitsgericht.

Dies sei insbesondere auf dem Hintergrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 (Urteil vom 14.05.2019, Az. C-55/18) nahelegend. Das sogenannte „Stechuhr-Urteil“ verlangt, dass Arbeitgeber durch die jeweiligen Mitgliedstaaten verpflichtet werden, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit ihrer Beschäftigten einführen.

Zeiterfassung ist deshalb nicht nur nice-to-have sondern Pflicht.

„Vertrauenarbeitszeit ist doch aber viel besser“ sagen da aber nun einige. Aber Zeiterfassung steht zur Vertrauensarbeitszeit in keinerlei Widerspruch. Denn Vertrauensarbeitszeit hieß nie, dass man bis bisher gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen durfte. Die Arbeitszeitgesetze galten auch schon vorher. Vertrauensarbeitszeit bedeutet, dass Arbeitnehmer entscheiden, wann sie mit ihrer Arbeit beginnen und enden wollen. Das ist immer noch möglich. Neu ist jetzt nur, dass erfasst werden muss, von wann bis wann das ist.

Und dort, wo Vertrauensarbeitszeit bedeutete, man verstößt gegen das Arbeitszeitgesetz und alle schauen weg, da werden Regelverstöße nun offensichtlich. Und das ist gut. Für die Gesundheit der Beschäftigten und für die Leistung der Arbeit.

Denn wer mehr als gesetzlich erlaubt am Stück arbeitet, keine Ruhezeiten einhalten kann oder dauerhaft Mehrarbeit leisten muss, der bekommt schnell gesundheitliche Probleme. Das Unfallrisiko im Betrieb steigt. Die Zufriedenheit und Motivation sinkt. Und oft wird Mehrarbeit, die geleistet aber nicht erfasst wird noch nicht einmal vergütet bzw. kann noch nicht einmal durch Freizeit ausgeglichen werden. Zeiterfassung schützt Beschäftigte daher auf vielen Ebenen.

 

Betriebsräte bestimmen über Fragen der Arbeitszeit und der Arbeitszeiterfassung mit. Sie müssen nach §87 BetrVG beteiligt werden und können selbst aktiv werden. Durch Betriebsvereinbarungen können sie Arbeitszeiten und die Erfassung regeln. Die TBS gGmbH Rheinland-Pfalz unterstützt Betriebsräte hierbei passgenaue arbeitnehmerorientierte Regelungen zu entwickeln.

Zukunftsfonds

Unternehmen sollen in einen Zukunftsfonds einzahlen


Klar ist: Eine Ausbildungsgarantie muss gut finanziert sein. Deshalb fordert der DGB und die DGB-Jugend, dass ein Zukunftsfonds eingerichtet wird, in den alle Unternehmen einzahlen. Die Betriebe, die ausbilden, erhalten eine finanzielle Förderung der Ausbildungskosten aus dem Fonds. Aus den weiteren eingezahlten Geldern wird die Bereitstellung zusätzlicher Ausbildungsplätze finanziert, also Kosten, die bei den außerbetrieblichen Trägern und deren Kooperationspartner*innen entstehen.

Die Ausbildungsgarantie ist nur in Verbindung mit einer Umlagefinanzierung über einen Zukunftsfonds zielführend. Aus diesem Fonds soll die Ausbildung in kleineren und mittleren Unternehmen unterstützt werden. Die Umlagefinanzierung bietet den Betrieben einen zusätzlichen Anreiz, die Anzahl der Ausbildungsplätze zu erhöhen.

Über einen umlagefinanzierten Zukunftsfonds könnten endlich alle Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden – vor allem diejenigen, die bisher nicht ausbilden wollten. Die Realität zeigt, dass das funktioniert: In manchen Branchen wie dem Baugewerbe ist bereits ein umlagefinanzierter Branchenfonds eingeführt worden.
Wir fordern die Einführung eines Zukunftsfonds branchenübergreifend! Die Ausbildungsgarantie funktioniert nur mit einem Zukunftsfonds, in dem alle Unternehmer einzahlen und so die Kosten der Ausbildung solidarisch finanzieren.

Mehr Infos:

https://www.bremen-innovativ.de/wp-content/uploads/2022/06/2022-06-08-Abschlussbericht-Expertenkommission-Ausbildungsfoerderungsfonds.pdf

https://www.igmetall.de/jugend/auszubildende/ausbildungsgarantie-das-fordern-ig-metall-jugend-und-dgb

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