Rentnerin
1971 – 2009 Pädagogische Fachkraft in der Schule
1995 – 2016 Vorsitzende des GEW Kreisverband Neuwied
- 2024 Langjähriges Mitglied im DGB-Landesfrauenausschuss
- 2025 Mitglied im Vorstand DGB Kreisverband Neuwied
Bis heute Mitglied im GEW-Landesvorstand
Mitglied in mehreren Fachgruppen der GEW
Mitglied im Arbeitskreis Internationaler Frauentag Neuwied
Wie bist du zu deinem gewerkschaftlichen Engagement gekommen?
Seit Mitte der Achtziger Jahre bis 2009 war ich örtliches Personalratsmitglied. Um Rückendeckung zu bekommen, Fortbildungen machen zu können und auch um den Austausch unter Kollegen und Kolleginnen zu haben, bin ich 1986 in die Gewerkschaft eingetreten. Und das war für mich als pädagogische Fachkraft in einer Förderschule, heute würde es heißen: Schule für ganzheitliche Entwicklung, natürlich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW.
Seit 1998 war ich dann im Hauptpersonalrat für Förderschulen in Mainz und von 2005 bis 2009 stellvertretende Hauptpersonalrat-Vorsitzende. Da hatte ich dann die höchste Freistellung, war aber immer mindestens 8 Stunden wöchentlich noch in der Schule tätig. Das war mir wichtig, um die Bodenhaftung nicht zu verlieren. So wusste ich immer, wie der Alltag in einer Förderschule aussieht.
Was wolltest du erreichen?
Gibt es Erfolge, auf die du gerne zurückschaust?
Das Beste für die Kolleginnen und Kollegen erreichen, natürlich. Wir brauchen gute Arbeitsbedingungen.
Aber so grundsätzlich in meiner Arbeit wollte ich die Interessen beeinträchtigter Menschen voranbringen. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass Deutschland endlich die UN-Behindertenkonvention unterschreibt und dann auch umsetzt.
Ich möchte, dass alle Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, dass Firmen sich nicht freikaufen können. Die Teilhabe am Arbeitsleben ist auch für Menschen mit Beeinträchtigung wichtig und sie ist möglich. Da gibt es ganz viele erfolgreiche Beispiele: so hatten wir hier in Neuwied eine blinde Richterin oder ich denke an Verena Bentele, die Vorsitzende vom VdK, sie ist auch blind.
Das sind Leuchttürme für mich und ich habe bei einigen Menschen ganz konkret dabei mitwirken können, dass sie ein selbstständiges Leben führen, und das macht mich auch ein wenig stolz.
So gibt es hier in Neuwied einen jungen Mann, der konnte weder lesen noch schreiben, aber er hat erst seinen Mofa-Führerschein und dann auch den PKW-Führerschein gemacht. Heute lebt er mit seiner Freundin zusammen und hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag.
Oder ich erinnere mich an einen Jungen, der kam neu in die Klasse, weil seine Mutter hierher umgezogen war zu ihrem neuen Mann. Es stand die Klassenfahrt an und sie war ganz erstaunt, dass er mitfahren konnte. Und ich habe selten ein so glückliches Kind gesehen. Ich habe ihn noch vor Augen, wie er am Strand von St-Peter-Ording steht mit weit ausgebreiteten Armen und sich im Wind bewegt mit einem Lachen im Gesicht.
Oder ich erinnere mich an einen anderen Jungen mit Down-Syndrom, der zuhause ausziehen wollte, als er die Schule fertig hatte. Er wollte es, weil er erlebt hatte, dass sein älterer Bruder das auch getan hatte. Seine Eltern unterstützten diese Loslösung von zuhause und er konnte in ein selbstständiges Leben hineinwachsen.
Bei den Mädchen war es mir immer wichtig, sie zu ermuntern, auch Nein zu sagen. Das war nicht so leicht, weil sie so vertrauensvoll waren und sich auch nicht trauten, sich abzugrenzen. Dabei haben sie das Recht, über ihren Körper selbst zu bestimmen und körperliche Berührungen abzuwehren, auch wenn sie vom Onkel oder anderen Männern aus ihrem Umfeld kommen. Da haben wir eine ganz wichtige Arbeit gemacht, um die Selbstbestimmung der Mädchen in der Pubertät zu fördern.
2016: Fahrt nach Berlin mit Gabi Weber, damals Mitglied des Bundestages, mit einer Gruppe bestehend aus den Vorständen der DGB Kreisverbände Neuwied, Rhein-Lahn und Altenkirchen und weiteren Gewerkschafter*innen. Mittendrin Waltraud Heckmann.
Was ist das Besondere für dich an der deiner Gewerkschaft GEW?
Das Besondere an der GEW ist, dass von der KITA bis zur Uni alle Berufsgruppen, die mit Erziehung, Bildung und Wissenschaft zu tun haben, in einer Gewerkschaft zu finden sind. Es gibt für jede Gruppe die entsprechende Vertretung durch die Fachgruppen und trotzdem wird übergreifend zusammengearbeitet. Außerdem gibt es uns nur in den Landkreisen, weil viele Kollegen und Kolleginnen bereit sind, dieses Ehrenamt zu übernehmen. Wir haben wenig hauptamtliches Personal.
Aus meiner Sicht ist es gut, dass wir eigenständig geblieben sind für den Bereich Erziehung und Bildung. Oberster Chef oder Chefin ist der Bildungsminister bzw. die -ministerin.
Am meisten beeindruckt hat mich Hanna Renate Laurien, Hanna Granata, wie wir sie manchmal nannten. Ich erinnere mich an einen Besuch bei uns in der Förderschule. Sie hatte keine Berührungsängste, sie ließ sich anfassen und irgendwann saß sie mit den Kindern auf dem Boden und spielte mit ihnen.
Die Zusammenarbeit mit dem Ministerium ist als Gewerkschaft nicht immer leicht. Im Hauptpersonalrat haben wir oft Kämpfe darum geführt, dass mehr Stellen ausgewiesen wurden im Stellenplan, weil der Bedarf größer war, als das Ministerium anerkennen wollte.
Oft ging es auch um Geld. Die pädagogischen Fachkräfte PF werden im Vergleich zu den Lehrer*innen sehr schlecht bezahlt. Wir bekommen in der Regel EG 8 mit manchen Fortbildungen in der Sonderpädagogik dann EG 9. Wir arbeiten 33 Zeitstunden in der Woche plus Vorbereitung, die Lehrer*innen mit Gehalt von A 13 haben bei voller Stelle 27 Stunden a 45 Minuten plus Vorbereitung. Das ist einfach ein Ungleichgewicht, was auszuhalten nicht leicht ist. Es wird auch oft als Ungerechtigkeit empfunden. Und dabei garantiert die Anwesenheit der pädagogischen Fachkräfte in der Klasse, dass fachlicher Unterricht möglich ist.
Aber da bewegt sich das Ministerium nicht. Rheinland-Pfalz ist neben zwei anderen Bundesländern auch immer noch das Land, in dem Grundschullehrer*innen mit A12 besoldet sind und nicht mit A13.
Da ist noch viel zu tun. Der GEW werden die Themen nicht ausgehen.
Gibt es auch Erfahrungen, die du als Scheitern erlebt hast?
Ja, in 2024 sind wir auf dem Gewerkschaftstag wieder an der Quote gescheitert. Bei einem Anteil Frauen von 73 Prozent bei den Mitgliedern ist es immer noch nicht möglich, die Spitzenämter in der Gewerkschaft paritätisch zu besetzen. Das fuchst mich ganz enorm. Was unser Landesteam angeht, da haben wir es geschafft, aber bei dem Vorsitz der Fachgruppen und im Landesvorstand leider nicht.
Einige Vertreterinnen des Arbeitskreises Internationaler Frauentag Neuwied 2025, dritte von rechts Waltraud Heckmann.
Du warst in der Frauenarbeit aktiv. Was bleibt dir davon in Erinnerung?
Das Kolleginnennetzwerk war einfach hilfreich. Durch die Kontakte in die anderen Fachgruppen hinein hat sich der eigene Blick geweitet auf die anderen Schularten hin.
In den Förderschulen gibt es einfach eine Hierarchie zwischen den Lehrer*innen und pädagogischen Fachkräften. Wenn es darum geht, Kinder sauber zu machen, die Küche nach gemeinsamen Essen aufzuräumen, dann wird das gerne den PFs zugeschoben ebenso die Pausenaufsichten. Dabei sind wir doch ein Team und gerade bei Kindern, die zuhause erleben, dass immer Mama oder die Schwestern alles im Haushalt tun, ist es doch wichtig, dass sie erleben, auch Männer übernehmen diese Aufgaben ganz selbstverständlich.
Da habe ich immer drum gekämpft. Und da war es gut, die Unterstützung bei den gewerkschaftlichen Kolleginnen zu haben.
Welche Bedeutung hat der DGB aus deiner Sicht für die Gewerkschaften?
So wie die GEW ihre unterschiedlichen Fachgruppen zusammenhält und nach außen vertritt, hat der DGB als Dachverband diese Aufgabe für alle Branchen und Bereiche. Ich finde es immer spannend, dann aus den anderen Branchen zu hören und davon zu lernen. Und es gilt wie immer: nur gemeinsam sind wir stark.
Der Vorstand des DGB-Kreisverband Neuwied mit Martin Diedenhofen, MdB, im Frühjahr 2022
Wenn du heute eine junge Kollegin beraten würdest, was würdest du ihr sagen bzgl. Gewerkschaftlichem Engagement? Was würdest du ihr raten?
Werde Gewerkschaftsmitglied! Dann hast du eine starke Gemeinschaft im Rücken, die dich unterstützt und bei der du dich aufgehoben fühlen kannst. Und bevor sie ein Amt übernimmt, würde ich sie erstmal hineinschnuppern lassen und hineinwachsen, damit sie weiß, worauf sie sich einlässt.
Was ist dein persönliches Fazit, wenn du jetzt zurückschaust?
Hast sich der Einsatz gelohnt?
Was hat er für dich persönlich bedeutet?
Ja, natürlich hat sich das Engagement gelohnt. Das hat mich wachsen lassen und ich habe viel gelernt. Es ist wichtig, nicht nur im eigenen Saft zu schmorren, sondern einen weiteren Blick zu bekommen. Sich gegenseitig zu ermutigen und auch wieder aufzurichten und weiterzugehen. Ich bin immer noch davon überzeugt, durch mein Engagement anderen zu zeigen, dass es sich lohnt, sich zu engagieren.
Ich war immer schon politisch interessiert und habe mich dann dazu entschlossen, mich politisch bei den Gewerkschaften einzubringen und nicht in der Parteipolitik. Es geht mir um die Sache.
Wie sagte doch Käte Strobel: „Die Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie allein den Männern überlassen könnte.“
Herzlichen Dank, Waltraud, für das Gespräch und alles Gute für dich!
Das Gespräch führte Edith Sauerbier, DGB Koblenz