Interview mit Elmar Ihlenfeld, GEW

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Dachzeile Gewerkschaften vor Ort

  • Mitglied der GEW
  • Pensionierter Förderschullehrer
  • 2005 – 2017 Bezirkspersonalrat Förderschulen
  • Kreisfachgruppensprecher Sonderpädagogischer Berufe
  • Ehemaliger Vorsitzender des Bezirkes Koblenz der GEW
  • Ehemaliges Mitglied des Landesvorstandes der GEW RLP
  • Ehemaliger ehrenamtlicher Sozialrichter
  • Langjähriges Mitglied im Vorstand des DGB Kreisverband Ahrweiler
  • Zwischen Abschluss 1987 und Lehrertätigkeit sieben Jahre Erwerbstätigkeit in unterschiedlichen Feldern, weil das Land keine Lehrer einstellte:
  • EDV-Fachmann, Handelsvertreter, Niederlassungsleiter eines IBM Geschäftspartners

 

Wie bist du zu deinem gewerkschaftlichen Engagement gekommen?

Im Juli 1985 bin ich mit Beginn des Lehranwärterdienstes in Aachen in die GEW eingetreten. Mein Vater war Mitglied in der NGG, deshalb lag es nahe, einer Organisation beizutreten, die meine Interessen vertritt und meinen Werten entspricht: Solidarität, Gerechtigkeit, Demokratie, Zusammenhalt und natürlich auch berufsständige Themen.

Und es war klar, ich wollte keine unmittelbare Parteibindung. Dazu war ich zu freiheitsliebend. Ein wichtiges Motto damals war für mich Willy Brandts Wort: „Mehr Demokratie wagen“.

Da ich im Anschluss an den Lehramtswärterdienst keine Stelle bekam, habe ich dann zunächst eine Umschulung zum EDV-Fachmann gemacht, dann in verschiedenen Betrieben gearbeitet. Erst nach acht Jahren habe ich mich, als sich die Chance bot, dazu entschlossen, doch wieder in den Schuldienst in RLP zurückzugehen, selbst wenn das weniger Geld und weniger Privilegien wie z.B. ein Dienstwagen bedeutete. In den sieben Jahren habe ich sehr interessante Jobs übernommen,  aber Lehrer zu sein, ist meine Berufung, mein Beruf.

Ich bin übrigens in diesen Jahren immer Mitglied der GEW geblieben, obwohl ich gar nicht in dem Bereich gearbeitet habe. Das geschah aus Überzeugung, denn Gewerkschafter sein, ist für mich auch eine grundsätzliche Haltung.

 

Was ist oder war dein Anliegen? Was möchtest du erreichen?

Es war mir immer wichtig, auch andere Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen. Es ging mir darum, dass wir uns als Beschäftigte organisieren: nur zusammen sind wir stark. So habe ich immer versucht, auch die Vertrauensleute in der GEW zu fördern und zu stärken Denn sie sind das Rückgrat der GEW. Sie arbeiten an der Basis, sprechen die Kollegen und Kolleginnen an. Auch will ich, dass die GEW, aber die Gewerkschaften im DGB insgesamt  ein gesellschaftlicher Akteur und auch ein Machtfaktor sind. Ich bedauere, dass die Gewerkschaften leider nicht alle im DGB sind, sondern sich auch im Deutschen Beamtenbund und in einzelnen Interessensgewerkschaften organisieren. Denn nur Einigkeit macht uns stark!

 

Welche Schwerpunkte hast du gesetzt?

Einen Schwerpunkt habe ich eben schon genannt: ich habe die Vertrauensleute im Blick gehabt als Gewerkschafter.

Schwerpunkte in der Arbeit als stellvertretender Vorsitzender des Bezirkspersonalrat Förderschulen waren neben vielem anderen zum Ende meiner Tätigkeit 2016/17 die Organisation des Mitbestimmungsprozesses  des EDV-Programmes IPEMA, deren Einführung wir hier im Land zunächst für den Schulbereich eingeführt haben. Mit dem Kollegen Herrn Bargmann von der TBS habe ich eng zusammengearbeitet.  Der Schwerpunkt lag vor allem auch in den Fragen rund um den Datenschutz. Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine Datenbank zur Verwaltung der Beschäftigen im Schuldienst.

 

Kannst du einige Erfolge benennen, an die du gerne zurückdenkst?

Ein konkretes Erfolgserlebnis der Arbeit im Bezirkspersonalrat, die natürlich ohne die Unterstützung und Nominierung der GEW nicht möglich wäre, ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig 2015, das uns recht gab: wir hatten bei der Einführung des Tarifvertrages der Länder (TV-L) darum gestritten, bei der Anerkennung von förderlichen Zeiten mitzubestimmen. Es ist für die Personalgewinnung und für eine gerechte Entlohnung wichtig, dies bei der Eingruppierung einzubeziehen.

Erst das Bundesverwaltungsgericht gab uns dann Recht. Dies war ein sehr bedeutender Erfolg für die Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich daran zurück denke, bin ich sogar ein wenig stolz darauf, hier mitgewirkt zu haben.

Ein weiterer Erfolg meiner Tätigkeit im Bezirkspersonalrat Förderschulen war auch die Begleitung und Mitbestimmung bei der Einführung der zentralen medizinischen Untersuchungsstelle (ZMU). Sie ist vergleichbar eines Landesgesundheitsamtes für alle Beamtinnen und Beamte in RLP. Hier geht es für uns als Gewerkschafter vor allem um die Lehrergesundheit. Zusammen mit den anderen  Haupt- und Bezirkspersonalräten durfte ich in dieser  Zeit als Bezirkspersonalrat daran zum Wohle der Beamtinnen und Beamten in RLP  mitwirken. Die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten war hier immer gut und vertrauensvoll, was mir immer wichtig war. Insgesamt konnten wir die Berücksichtigung der Interessen der Beamtinnen und Beamten durchsetzen.

Gern denke ich auch an meine Zeit als ehrenamtlicher Sozialrichter über viele Jahre. Ich habe durch meine Erfahrungen in der Justiz wirklich Vertrauen in unsere Demokratie und ihren Institutionen gewonnen. Das Grundgesetz ist eine Verfassung, die sich zu verteidigen lohnt. Gerade in der heutigen Zeit sind die Gewerkschaften aufgerufen, unseren Staat, dessen Verfasstheit und das Grundgesetz, auch im Hinblick auf die deutsche Geschichte, aktiv zu verteidigen.

 

Gibt es auch Erfahrungen, die du als Scheitern bezeichnen würdest?

Ja, da gibt es vor allem eine Erfahrung, die mich hat vieles lernen lassen: ich hatte 2012 auf dem Landesgewerkschaftstag für den stellvertretenden Landesvorsitz der GEW kandidiert. Und wie das immer so ist bei demokratischen Wahlen für ein Mandat, da kannst du auch verlieren. Ich  wurde sehr knapp nicht gewählt. Dies ist in einer Demokratie mit mehreren Kandidaten sicher notwendig und verständlich, Das sind eben die ‚Regeln des Spiels‘. Es ist ein gutes Zeichen für eine lebendige Demokratie, wenn es mehrere Bewerbungen auf Ämter gibt.

Für mich war aber nicht okay, dass vieles in diesem Prozess auf der persönlichen Ebene gelandet war und dort ausgetragen wurde. Ich habe lernen müssen, dass es unterschiedliche Umgehensweisen mit  Dingen gibt, auch wenn man Kollege ist und für das Gleiche eintritt. Das hat mir damals sehr zu denken gegeben und ich habe Zeit gebraucht, um das für mich zu verarbeiten.

Gleichzeitig war aber auch klar, meine Arbeit in der GEW ist mir so wichtig, dass ich mich davon nicht entmutigen ließ und weiter Gewerkschaftspolitik gemacht habe. Dies wiederum hat mir viel Anerkennung eingebracht. Von daher kann ich jetzt einige Jahre später sagen: diese Erfahrung hat meine persönliche Resilienz gesteigert und ich habe gelernt, zwischen Privatem und Beruflichem mehr zu unterscheiden, manchmal auch zu trennen.

Welche Bedeutung hat der DGB für dein Engagement?

Für die GEW? Für die Gewerkschaften?

Die GEW ist ein Teil der gewerkschaftlichen Bewegung. In ihr geht es um mehr Geld, mehr Freizeit und bildungspolitische Themen, auch um gesellschaftspolitische Fragen wie Digitalisierung. Alles, was darüber hinaus geht, dafür brauchen wir auch als GEW den DGB.

Und wie schon mal gesagt: Gewerkschafter sein, ist eine Frage der Haltung. Und dafür steht der DGB. Er setzt sich für die Werte ein, die mir wichtig sind: Freiheit, Demokratie, Solidarität, Gerechtigkeit – ist der Anwalt für die arbeitende Klasse sozusagen. Und wir dürfen nicht der Tendenz folgen, alles zu privatisieren oder zu vereinzeln, da verlieren wir.

 

Was zeichnet aus deiner Sicht ehrenamtliches Engagement aus?

Ehrenamtliches Engagement ist wichtig. Ohne Frage.

Ich habe mich immer gerne engagiert und eingebracht. Als es darum ging, meine letzten beruflichen Jahre zu gestalten, stellte sich auch die Frage, welches Ehrenamt gebe ich wann auf. Ich wollte gern Platz lassen für jüngere engagierte Gewerkschaftler.

Ich habe daher für mich einen langsamen Übergang ins Rentenalter gestaltet. Ich habe geschaut, wer könnte mein Nachfolger werden, habe einige Jahre mit ihm zusammengearbeitet und konnte dann loslassen. Das habe ich auch mit meinem Mandat für die GEW im DGB- Kreisverband Ahrweiler so gemacht.

Ich engagiere mich jetzt bei der Telefonseelsorge und singe in einem Gospelchor.  Und es gilt: Gewerkschafter bleibe ich, denn ich gebe ja nicht meine grundsätzliche Haltung auf.

 

Wenn du Bilanz ziehst: was ist dein Fazit?

Mein Engagement hat mir viel gegeben: Persönlichkeitsentwicklung und auch Sinn. Ich habe mich auch als wirksam erlebt, habe etwas gestalten können. Ich bin vielen Menschen begegnet, habe einigen helfen können, habe dafür Dankbarkeit erfahren.

Und ich bin selbst voller Dankbarkeit, all diese Chancen gehabt zu haben und auf ein erfülltes Leben zu schauen.

Ja, mein Fazit: Engagement lohnt sich! Immer!

 

Danke, Elmar, für das Gespräch und dir alles Gute für dein weiteres Engagement! Wir bleiben verbunden!

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